"Wieso?",
fragte Annabelle neugierig. "Naja, ich mein ja nur…." Annabelle grinste
und sagte nichts. Keiner sagte etwas. Dann brach Gina das Eis und meinte
aufmunternd zu mir: "Mach Dir nichts draus, ist doch ganz natürlich!"
Wie schafften es Frauen immer, eine gleichaltrige männliche Person wie ein
Kleinkind darzustellen??? Da sah man wieder einmal ihre Überlegenheit.
Wir schwammen zurück zur Insel und meine Erektion war wieder abgeflaut.
Beschämt stieg ich mit den Mädchen aus dem Wasser und wir zogen uns
geschwind etwas über.
Ein paar Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben und es war merklich
kühler geworden, was durch den Wind noch verstärkt wurde. Wir beschlossen,
noch ein Weilchen zu bleiben und gegen Abend zurückzufahren. Die Sonne
würde ja so schnell nicht untergehen.
Nach einer Stunde machten wir uns auf den anstrengenden Rückweg. Todmüde
kamen wir am Abend wieder am Bootsanleger an. Wir legten und ein Weilchen
ins Zelt und ruhten uns aus. Ich lag auf dem Rücken und Annabelle hatte
sich halb über mich gerollt. Sie hatte Kopf- und Bauchschmerzen und sah
ziemlich blaß aus. Sie hatte ihre Tage bekommen. Wie ich sie kannte, würde
heute nicht mehr viel mit ihr los sein.
Als wir uns ausgeruht hatten, standen Gina und ich auf, um das Abendessen
zuzubereiten. Wir hatten auf der Fahrt einige lecker aussehende Meterbrote
besorgt. Dazu gab es dann geräucherten Fisch und Salat. Nach der
anstrengenden Kanutour lief mir das Wasser schon beim Gedanken an Essen im
Mund zusammen. Wie ich schon prognostiziert hatte, hatte Annabelle keinen
Appetit und blieb im Zelt liegen. Beim Essen merkte ich, daß Gina, die mir
gegenüber saß, mich immer etwas länger als "normal" ansah. Oder war es
Einbildung? Es war schön, wenn unsere Blicke sich trafen. Es war
offensichtlich, daß wir beide das Ereignis von der Insel im Hinterkopf
hatten, aber natürlich wollte keiner es aussprechen. Wir sprachen über
Belanglosigkeiten, die Stimmung war irgenwie gespannt. Mehr denn je fiel
mir auf, daß ich mich zu der niedlichen Gina hingezogen fühlte. Ich weiß,
es klingt albern, aber ich hatte das Gefühl, sie beschützen zu müssen. Am
liebsten hätte ich sie gleich in die Arme genommen. "Hast Du Lust, gleich
nochmal zum See runter zu gehen?", fragte ich sie. "Ja klar, warum
nicht?". Sie klang aufgeregt und erfreut zugleich.
Wir gingen zum Abwaschen. Sie reinigte das Geschirr, ich trocknete es ab.
Spannung lag in der Luft. Ich konnte nicht widerstehen, es war unmöglich.
Wir gingen also zum See hinunter. Es war gerade erst acht und noch
taghell. Wir setzten uns auf den Steg und sahen den den Anglern zu, die
auf den Felsen am Ufer standen und auf den großen Fang warteten. Die Luft
war frisch und sauber. In der Ferne hörten wir den Hund des
Zeltplatzbesitzers bellen. Der Rauch von Lagerfeuer und Grillfleisch zog
von einem der Zelte zu uns herüber. Der Wind hatte sich gelegt und das
Wasser war glatt wie ein schwarzer Spiegel. Wir ließen die Beine über den
Rand hängen und sahen in die Ferne. Es würde etwas passieren, nur wußte
ich nicht, was. Nach einer Weile kam ein Ehepaar auf den Steg und Gina
sagte: "Wollen wir zum Badeplatz gehen?" Ich sah sie an, in ihren Augen
lag etwas flehendes, geheimnisvolles. Wir gingen den Pfad zum Badeplatz
entlang. Hier im dichten Wald war es viel dunkler als am Steg. Sie ging
vor mir. Mein Herz raste wie verrückt. Der Geruch der Bäume und Sträucher
mischte sich mit ihrem blumigen Parfüm, daß sie wie eine unsichtbare Wolke
umgab. Wie in Trance ging ich hinter ihr her. In meinem Kopf leuchteten
große Warnschilder auf, aber ich tat es trotzdem.
Da war er, unser Badeplatz. Wir setzten uns eng nebeneinander auf die
aufgeheizten Felsen. Unsere Beine berührten sich. "Ist das nicht toll
hier?" "Ja, das ist es. Man fühlt sich so frei…" "und unbeschwert." "Mein
Gott, das hört sich ja an wie im Kitschroman." Wir lachten. "Ist Dir das
eigentlich noch peinlich wegen heute nachmittag?" "Naja…schon….wäre es Dir
etwa nicht peinlich? Was sollst Du von mir denken?" "Ach weißt Du, ich
finde das gar nicht so wild. Ist doch ganz normal. Ich find's wirklich
nicht schlimm." Sie lehnte sich zurück und stützte sich mit den Händen
hinter sich ab.
"Warum bist Du eigentlich mit Deinem Freund auseinander", wollte ich
wissen. "Ach weißt Du, er war der Meinung, wir passen nicht zueinander und
das würde auf Dauer eh nichts werden." "Fandest Du das auch?" "Nein,
überhaupt nicht. Ich find's schöner, wenn die Partner gegensätzlich sind.
Das macht das ganze doch erst interessant. Ich bin zum Beispiel
unternehmungslustig und spontan. Er war eher der ruhige Typ. Ich mochte
das an ihm. Ruhig und souverän. Er ließ sich durch nichts aus der Ruhe
bringen." "Du meinst, so wie ich?", sagte ich scherzhaft. Sie lachte auf
ihre süße Art und zeigte ihre perfekten Zähne. "Hast Du eigentlich mal 'ne
Zahnspange gehabt?", fragte ich sie. "Du hast schöne Zähne." "Ja, ich
hatte mal eine von dreizehn bis fünfzehn. Eine feste. Mit der hat man sich
beim Küssen immer verhakt. Ich war froh, als ich sie los war." "Alle
Achtung, so frühreif war ich nicht." "Wieso, wann fing es denn bei Dir
an?", fragte sie neugierig. "Ich weiß nicht, mit sechzehn glaube ich. Auf
einer Klassenreise." Ich erzählte ihr von Susan und verschwieg auch nicht,
daß es sich um eine rein sexuelle Beziehung gehandelt hatte. Gina erzählte
mir von ihren ersten Erfahrungen, ließ aber das gewisse Erlebnis mit
Annabelle aus. Hatte ich auch nicht anders erwartet.
"Wie sehr magst Du eigentlich die Annabelle?", wollte sie wissen.
"Gaaaaaaaaaaaaaanz doll!!!" Sie grinste. "Komm, jetzt sei mal ehrlich."
"Ich mag sie schon sehr gern, sonst wären wir wohl kaum so lange
zusammen". "Ja, klar." Wir sahen wieder auf das ruhige Wasser hinaus.
Endorphine und sonstige Substanzen durchströmten meinen Körper. Sie war so
nah, sie war so makellos, sie roch so gut, sie war so süß… Wie automatisch
drehten wir unsere Köpfe zueinander. In ihren Augen stand die pure
Sehnsucht. Nach Liebe und Geborgenheit - ich hatte wirklich das Gefühl,
mein Herz bleibt gleich stehen. Tja, dann legte ich den Arm um sie und sie
legte ihren Kopf auf meine Schulter. Schnell machte sich in mir ein Gefühl
der Erleichterung breit. Alle Aufregung und alle Zweifel waren mit einem
Schlag verflogen. Es war wie damals mit Annabelle am Strand in den
Morgenstunden. Ich spürte nur noch ein tiefes Gefühl von Liebe.
"Du magst sie aber lieber als mich, oder?", flüsterte sie. "Nein", sagte
ich ganz leise. "Ich mag Dich genauso gern." "Das ist schön", sagte sie
verträumt.
Wir blieben noch lange sitzen und redeten. Gina gestand mir, daß sie mich
schon seit der Party damals mochte, aber sie hatte sich nie getraut, es
mir zu zeigen - wegen Annabelle. Ich dagegen hatte Gina bisher immer als
gute Freundin gesehen, erst vor kurzer Zeit war mir richtig klargeworden,
daß ich sie sehr gern hatte. Erst als es dunkel geworden war, wurde uns
eigentlich klar, wie spät es schon war.
"Wollen wir langsam zum Zelt zurückgehen? Wegen Annabelle", sagte ich.
"Ich weiß was besseres", sagte sie grinsend. "So, was denn?" "Paß mal
auf!" Sie faßte an ihr T-Shirt und zog es sich über den Kopf. "Hast Du
schonmal Mondscheinbaden gemacht", fragte sie mich lächelnd. Wahnsinn,
dachte ich. Das konnte alles nur ein schöner Traum sein!
Dann zog sie auch ihre Shorts aus und die Unterhose. Ich tat es ihr nach.
Als ich fertig war, war Gina schon im Wasser. "Komm, es ist herrlich kühl
hier drin", rief sie mir aufmunternd zu und planschte vergnügt. Ich
brauchte mindestens fünf Minuten, um mich zu überwinden, in das kalte
Wasser zu gehen. Gina musterte dabei meinen Körper, das entging mir nicht.
Es war eine herrliche Atmosphäre, der Mond schien durch die Wolken und
tauchte die Umgebung in ein silbriges, gespenstisches Licht. Ich schwamm
zu ihr hin. Im Mondschein glänzte ihr Haar, ihr Mund war leicht geöffnet.
Ich wollte sie gerne küssen, doch ich zögerte ein bißchen. "Mensch, nun
küß mich endlich!", sagte sie aus Spaß und wir mußten lachen. Aber nach
einem Augenblick wurden wir wieder ruhig und ich küßte sie sanft auf den
Mund. Sie umarmte mich und drückte mich an sich. Es war die Erfüllung all
meiner Träume, besser konnte es einfach nicht kommen. Mit meiner Zunge
fuhr ich beim Küssen in ihren leicht geöffneten Mund und wir ließen unsere
Zungen ganz langsam miteinander spielen.
Bald wurde es uns im Wasser aber doch zu kalt und wir gingen raus und
zogen uns wieder an. Wir waren beide furchtbar aufgeregt und leicht
verwirrt angesichts dessen, was gerade geschehen war. "Wollen wir jetzt
zurück?" "Ja, ok"
Im Wald konnte man jetzt überhaupt nichts mehr sehen und wir tasteten uns
langsam vorwärts. Gina blieb auf halbem Weg stehen und wir küßten uns noch
einmal leidenschaftlich. Es war zu dunkel, um es zu sehen, aber ich
fühlte, daß sie mich ansah. Sie legte ihre Arme um mich und legte ihren
Kopf auf meine Brust. "Du wirst Annabelle nicht verlassen, oder?"
"Ich….ich weiß es nicht. Ich glaube, das wäre nicht richtig." Auf einmal
fing sie leise an, zu weinen, ich hörte nur ein leises Schluchzen. Nie war
mir aufgefallen, daß sie so an mir hing. "Ist ja gut", sagte ich tröstend
und streichelte ihren Kopf. "Das kriegen wir schon irgendwie hin, ok?"
"Ach entschuldige", sagte sie weinend , "ich heul' immer so schnell."
Beinah hätte ich vor Mitleid auch noch angefangen zu weinen, aber ich
konnte mich gerade noch beherrschen. Ich streichelte beruhigend mit meiner
Hand über ihren Rücken. Das war schon eine komische Situation, wie wir da
mitten im stockdunklen Wald standen, aber es war schön.
Wir gingen zurück zum Zelt. Annabelle schlief bereits und murmelte im
Halbschlaf, wo wir denn so lange gewesen seien. "Ach, am Grillplatz haben
ein paar Leute eine Grillparty gefeiert und gefragt, ob wir uns nicht dazu
setzen wollen", log ich. "Ach so", murmelte sie und schlief sofort wieder
ein. Ich wußte allerdings, daß ich ihr früher oder später alles beichten
mußte, denn wenn es sonst herauskäme, wäre die Katastrophe perfekt.
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