Dan klappte sein Handy auf, überlegte einen Moment
und wählte dann ihre Nummer.
Sein Gefühl riet ihm abzuwarten, sein Verstand tat das Gegenteil.
Das Boot schaukelte wiegend auf dem leichten Wellengang. Lee saß auf
seinem Skipperstuhl, schlürfte einen Longdrink und schaute Dan
kopfschüttelnd zu.
Dans Anruf kam nicht durch. Er klappte sein Handy zu, zog ein Gesicht und
schaute Lee an.
„Du bist verrückt“, meinte Lee. „Lass dein Hände von asiatischen Frauen.
Sie sind nichts für Europäer. Wir selbst haben schon genügend Probleme mit
ihnen und Japanerinnen sind noch schlimmer, als unsere koreanischen
Mädchen“, lachte Lee.
„Ja, möglicher Weise hast du Recht“, antwortete Dan.
„Schau, mein lieber Freund, ich habe wie du, ein schönes, neues Boot, ein
Haus, Freunde, einen gut bezahlten Job und Frauen, welche ich auch immer
haben will. Dir geht es doch im Grunde nicht anders. Lass es dir gut
gehen, genieße das Leben, die Arbeit ist schon schwer genug, denk an dich,
du solltest dich nicht an eine einzige Frau verschwenden, und erst recht
nicht an eine Frau, die du im Grunde gar nicht kennst. Vielleicht hat sie
nur mit dir gespielt, warst du nur ein kleines Stückchen Glück... sehr
wahrscheinlich sogar“, erklärte Lee.
Dan griff nach seinem Glas und nahm einen kräftigen Schluck.
„Und, wenn ich das alles gar nicht will“, fragte Dan.
Lee runzelte die Stirn.
„Was meinst du damit“.
„Ich habe alles was ich will, so wie du, aber das reicht mir nicht“.
„Reich ist, wer weiß, wann er genug hat“, zitierte Lee.
„Von dir ist das bestimmt nicht“, lachte Dan.
„Laotse“.
„Ihr mit eurem Laotse, meinte Dan, das habe ich schon mal gehört, den
treffe ich in Asien an jeder Straßenecke. Wo wohnt der eigentlich“, meinte
Dan lächelnd.
„Wenn du unsere Lebensphilosophie verstehen willst, woher unser Denken
beeinflusst ist, unsere Kultur, unsere Art zu Denken, dann solltest du dir
mal das Dao zur Hand nehmen“.
„Noriko hat so einen Spruch in ihrer Wohnung hängen“.
„Du liebst sie“, stellte Lee fest und schaute Dan auffordernd an.
„Wie kommst du darauf“, fragte Dan.
„Weil du ständig darüber nachdenkst“.
„Ich frage mich, ob es falsch ist“, erwiderte Dan nachdenklich.
„Wenn ich sage, dass ich alles habe, was ich mir wünsche, heißt das nicht,
das ich das alles brauche, um glücklich zu sein, ich bin noch nicht
angekommen“, antwortete Lee.
„Du widersprichst dich“, meinte Dan.
„Ich passe mich dem Lauf der Dinge an, beobachte die Welt um mich herum,
frage mich, was mich morgen erwarten könnte. Wenn es so wäre, das ich
morgen alles verlöre, alles was ich habe, so bliebe ich doch immer
derselbe. Alles ist im Wandel. Ich arbeite hart, verlasse mich dabei aber
nicht alleine auf mich selbst. Die Kraft liegt nicht im Haben sondern in
der Weise wie man loslassen kann. Alles fließt. Auch ich gehe mehr oder
weniger meinen Weg mit dem Dao. Du darfst dich nicht den Dingen
unterwerfen, gehe mit ihnen im Einklang. Wenn du liebst, halte dich nicht
daran fest, lasse dieses Gefühl los und entziehe dich seinem Einfluss.
Lass dich nicht durch Wünsche und Begierden beeinflussen, handle intuitiv,
lass es einfach geschehen. Im Loslassen liegt die Weisheit und Kraft,
nicht im Besitz von Geld, Macht oder Gefühlen“.
„Es ist nun einmal so, dass ich das Gefühl ´habe´“, entgegnete Dan.
„Nein, mein lieber Freund. `Das Gefühl hat dich`, erklärte Lee
nachdrücklich.
Dan runzelte die Stirn und dachte nach.
„Denke nicht darüber nach, ob es richtig oder falsch ist, ein Gefühl
entzieht sich jeder Logik. Entscheide intuitiv. Lass dich los“, fügte Lee
hinzu.
„Was sollte dann deine Warnung bezüglich asiatischer Frauen, du
Scherzkeks“, fragte Dan lächelnd.
„Ihr Europäer seid zu verkopft, eure abendländische Kultur und Philosophie
hat euch zu Meistern des Denkens gemacht. Ihr seid in allem so logisch. So
kontrollierend. Und daher vertraut ihr nicht mehr eurer Intuition. Ihr
seid nicht spontan. Ihr habt Angst vor dem Wuwei. Die Dinge in der Welt
ordnen sich selbst, mein lieber Dan“.
Dan schaut ihn fragend an.
„Du hältst mir wohl gerade eine `daoistisch` verbrämte Standpauke“,
knurrte Dan.
„Ruf sie an, aber lass dich nicht von deinen Gefühlen beherrschen, es wird
sich fügen, die Dinge ordnen sich von selbst und wenn deine Erwartungen
nicht eintreten, sie dir deiner Liebe keine Hoffnung macht, dann löse dich
auch von deinen Befürchtungen und deinen Ängsten vor Dingen, die du noch
gar nicht besitzt“.
Dan schaute auf sein Handy.
„Sie müsste jetzt zu Hause sein“, meinte Dan leise.
„Wenn es so ist, ist es so“, antwortete Lee und steckte sich eine
Zigarette an.
Dan verdrehte genervt seine Augen, wählte ihre Nummer und hielt sich das
Handy ans Ohr.
Lee grinste.
Noriko schaute auf das Display und nahm das Gespräch an.
„Hallo Dan“
„Hallo Noriko“.
„Was machen die Geschäfte“.
Dan zog ein Gesicht. Ich rufe sie an, weil ich sie... und sie fragt mich
nach meinen Geschäften, was interessieren mich jetzt meine Geschäfte...
,zuckte es Dan durch den Kopf.
„Gut soweit, alles Bestens. Mein Flieger geht morgen, ich kann nach Osaka
kommen, du wolltest dir eine Woche Zeit nehmen, so dass ich zu dir kommen
könnte...“
„Ja, brauche ein wenig Zeit für mich, du bist in Seoul, nicht wahr“.
´Zeit für mich´ wiederholte Dan in Gedanken.
„Im Moment genieße ich das Meer... auf dem Boot meines Kollegen und
Freundes Lee“, erzählte er.
„Du lässt es dir gut gehen“.
„Ein paar Tage Ruhe tun mir gut, nach der Arbeit“.
„Bevor du nach Osaka kommst... zum Zeitvertreib... für eine Woche“.
Was ist denn jetzt los, dachte Dan nervös.
„Wenn ich mich recht entsinne, wolltest du, das ich zu dir komme...“
„Was willst ´du´...“
Dan schaute zu Lee herüber, der Dans Worten aufmerksam zuhörte, in Dans
Gesicht zu lesen versuchte und konzentriert einen Rauchkringel in die Luft
hauchte.
Dan suchte nach einer passenden Antwort. Er wollte ´sie´.
Lee schüttelte bedeutungsvoll seinen Kopf, als ahnte er Dans Gedankengang.
„Ich will zu dir und sehen, was auf uns zu kommt..“
Lee nickte schmunzelnd.
„Wann kommst du am Flughafen an...“
Dan entspannte sich wieder.
„Um die Mittagszeit“.
„Ich werde dich abholen..., ich muss morgen früh noch kurz zur Universität
und fahre von dort zum Flughafen.“
„Schön, ich freue mich“, meinte Dan.
„Bis morgen, Dan“.
„Fruchtig in der Vornote und trocken im Abgang“, meinte Lee lächelnd,
nachdem er an seinem Longdrink genippt hatte. Du musst mir nichts
erzählen“.
„Ich dachte...“
„...sie hat dich zum Vögeln zu sich eingeladen und du 'dachtest'“,
unterbrach ihn Lee.
„Bei unserem letzten... 'Beisammensein', war ich in ihrem Bett“, meinte
Dan süffisant.
„Ist das was besonderes“, fragte Lee.
„Für sie schon... und für mich auch. Wir waren vorher etwas Essen..., da
war mehr, verstehst du“.
„Mehr, wovon“.
„Gefühle, mein Lieber, Gefühle“.
„Es ist hoffnungslos“, meinte Lee.
„Sie hatte mir im Restaurant gesagt, das ´sie´ es schön finden würde, wenn
ich ein Woche zu ihr käme“.
„Liebe geht halt durch den Magen, so sagt man es doch“, lachte Lee.
„Mit dir kann man nicht reden“, raunte Dan.
„Dir scheint es wirklich nicht klar zu sein“, meinte Lee.
„Was meinst du, sprich gefälligst Klartext mit mir“, raunte Dan.
„Sie haben sie dir geschenkt, ´für eine Nacht´, durch die Blume sozusagen,
dass daraus mehr für dich geworden ist, ist wohl ganz allein dein
Problem.“
Dan sah ihn erschrocken an.
„Ich war schon oft geschäftlich in Japan, genauso wie du, ich weiß wovon
ich rede. Ich habe angenommen, auch du wüsstest Bescheid“, erklärte Lee
weiter.
„Du meinst...“
„Es ist so, glaube mir. Glaubst du tatsächlich, dass es ein Zufall war. Du
hast mir geschildert, wie sie dich damals auf deinem Zimmer besucht hat
und versucht hat, dir etwas klar zu machen. Sie ist ein Geschenk gewesen,
nach einem erfolgreichen Geschäftsabschluss“.
„Sie ist eine Prostituierte... ,denkst 'du'. Das hat sich für mich aber
anders dargestellt“, raunte Dan säuerlich und kam ins Grübeln.
„Ja und nein, du wirst es nicht verstehen“, meinte Lee.
„Erkläre es mir trotzdem“.
„Für euch Europäer muss alles immer nach euren Vorstellungen ablaufen,
nicht wahr. Alles muss für jeden Teilnehmer logisch nachvollziehbar sein.
Es darf keine Unstimmigkeiten geben, alles muss daher offen ausgesprochen,
ausdiskutiert und vertraglich festgehalten werden, damit es ja keine bösen
Überraschungen gibt. Jede These über das Leben wird zu Tode diskutiert,
auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft, bis auf die Knochen.“
„Was ist falsch daran“.
„Nichts. Aber du bist nicht in Europa. Glaubst du tatsächlich, sie hätten
dir das offen sagen sollen. ´Als dank für unseren erfolgreichen Kontrakt,
schenken wir ihnen eine Nutte, die ihnen ihren weiteren Aufenthalt bei uns
versüßen wird. Wir wünschen ihnen daher fröhliches Vögeln. Erachten sie es
als eine Aufmerksamkeit von uns. Teilen sie uns bitte mit, ob sie nach
ihrem Geschmack war´“.
Dan schaute Lee verwirrt an, der an seiner Zigarette zog.
„Das läuft in Japan anders, und bei uns ist es ähnlich, zumindest in den
entsprechenden Kreisen der Gesellschaft“. fügte Lee hinzu und lächelte.
„Du meinst...“
„Ich kenne deine ´Noriko´ ja nicht... ,ich könnte dir auch andere Namen
nennen“, erklärte Lee verschmitzt.
Dan dachte nach.
„Was ist mit dem ganzen Drumherum, ich meine, ihr Studium, die Wohnung
und... ,es kam mir wirklich nicht so vor“, dachte Dan laut.
„Das alles ist keine Lüge, keine Fassade, es ist nur... inkognito
sozusagen. Dan, sie ´kann´ nicht für dich sein, was sie für ´dich´ sein
soll. Sie trägt eine Maske... ,und doch war es ´ihr´ Bett, verstehst du“.
Dan dachte an den Augenblick im Restaurant, wo ihn zuerst das Gefühl
beschlichen hatte, sie hätten Noriko auf ihn angesetzt, um mehr über ihn
und seinen Geschäften heraus zu bekommen, nachdem sie ihm erklärt hatte,
dass sie in der gleichen Branche tätig werden wollte wie er, nach ihrem
Studium. Sie hatte Angst, dass er ihr Motiv falsch verstehen könnte.
Allmählich verstand er es.
Dans Enttäuschung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Ich hatte zuletzt das Gefühl, sie würde mehr für mich empfinden,
verstehst du“, meinte Dan.
„Warum sollte sich ein japanisches 'Freudenmädchen' nicht verlieben
dürfen, betonte Lee. Finde es heraus, ich kann dir nicht sagen, ob es so
ist, ich weiß nur, dass es für dich ein emotionales Abenteuer mit
ungewissem Ausgang sein wird. Hüte dich vor deinen Gefühlen und dem, was
du siehst“.
*
Der Zollbeamte reichte Dan seinen Pass. Die Überprüfung seines Gepäcks
hatte wie immer lange gedauert.
Dan nahm seinen Pass entgegen, steuerte seinen Gepäckwagen in die
Ankunftshalle und suchte zwischen den wartenden Menschen nach Norikos
Gesicht.
Sie stand am Rande der Menschentraube, die sich am Ankunftsterminal
drängte. Sie war ganz in Schwarz gekleidet. Ihr helles Gesicht leuchtete.
Dans Herz begann zu klopfen. Ein leichtes Lächeln legte sich um ihren
Mund, als Dan auf sie zu ging.
„Schön, das du da bist“, sagte sie leise und reichte ihm die Hand.
„Ich freue mich auch“, erwiderte er.
„Mein Wagen steht in der Tiefgarage“, meinte sie und steuerte einen
Fahrstuhl an.
Dan wollte sie in den Arm nehmen, er spürte aber, dass sie es nicht
wollte. Er fühlte eine zurückhaltende Distanz.
Er hatte sich eine herzlichere Begrüßung vorgestellt, dachte aber sofort
an Lee's Warnung.
„Ist in Korea alles nach deinen Vorstellungen gelaufen, geschäftlich“,
fragte Noriko.
„Ja, jetzt bin ich hier, wie versprochen, ich habe Zeit“.
„Das ist gut, so können wir uns mit der Zeit näher kennen lernen“,
antwortete Noriko. Es klang, als hätte sie Monate dafür eingeplant. Dan
runzelte die Stirn und versuchte mit der Situation klar zu kommen. Er
dachte an die tabulosen Eskapaden mit ihr, die erst kurze Zeit zurück
lagen und jetzt erst sollte er sie kennen lernen. Verdrehte Wirklichkeit,
dachte Dan. Seine Gefühle stürmten nach vorn, während seine Vernunft die
Handbremse zu ziehen versuchte.
Es war eine andere Noriko, die ihn am Flughafen begrüßte. Sie war sie,
nicht ihre Maske. Dan dachte an ihr erstes Zusammentreffen in ihrer
Wohnung, als sie ihm ihr Spiel erklärte. Das hier war keine Spiel mehr,
keine Theateraufführung, kein illusorisch verklärter Blick auf eine Bühne.
Noriko kam ihm fremd vor. Wer war sie.
Noriko öffnete den Kofferraum. Dan verstaute sein Gepäck.
Sie stiegen ein.
„Du kannst bei mir wohnen“, meinte Noriko und startete den Wagen.
'Kannst', fragte sich Dan in Gedanken. Wo denn sonst. Hatte im Grunde auch
nichts anderes erwartet, nach Alledem. Wenn du wüsstest, wie ich Hotels
hasse. Im gleichen Moment schossen ihm Lee's Ansichten siedend heiß in den
Kopf. Wenn sie eine Hure war, dann war es schon etwas ganz besonderes,
wenn sie mich bei ihr wohnen lässt. Die letzte Nacht, bevor ich abreiste,
hatte ich in ihrem Bett verbracht, in 'ihrem' Bett. Sie fährt mit mir zu
sich nach Hause, sinnierte Dan. Er erinnerte sich, wie empfindlich sie
darauf reagierte hatte, als es um ihr Zuhause ging, er sich versprach, auf
dem Dach des Einkaufszentrums, danach. Dan war angespannt. Es herrschte
eine seltsame Stimmung.
Noriko schwieg während der Fahrt. Dan beobachtete den Verkehr.
Er fand sich nicht zurecht, erkannte aber doch, das Noriko nicht in
Richtung ihres kleinen Apartments fuhr. Sie steuerte den Wagen in Richtung
Stadtrand.
„Es dauert nicht mehr lange, dann sind wir bei mir Zuhause“, erklärte
Noriko plötzlich, als hätte sie Dans Gedanken gelesen. „Ich habe mir wie
versprochen ein Paar Tage frei gehalten. Ich muss nicht zur Universität.
Wir sind da.“
Noriko hielt vor einem mehrstöckigen Wohnhaus im modernen Stil, dessen
Fensterscheiben dunkel getönt waren. Noriko bediente eine Fernbedienung,
die das Tor zur Tiefgarage hoch fahren ließ und steuerte hindurch. Sie
hielt auf einem nummerierten Parklatz. Sie schaute in den Innenspiegel und
kontrollierte ihr Makeup, dass sie wie immer dezent aufgetragen hatte. „Du
bist schön“, sagte Dan und schaute sie an. „Ich sehe in der letzten Zeit
immer nur dein schönes Gesicht vor mir.“ Dan nahm allen Mut zusammen. „Du
weißt, das ich dich liebe“, erklärte er und legte alle Hoffnung in seine
Stimme. Sie lächelte zunächst. Ihr Gesicht nahm wieder ernstere Züge an.
„Wenn du siehst, was ich bin, wirst du mich nicht mehr wollen. Wenn du
aber erkennst, wer ich wirklich bin, wirst du mich lieben“, erklärte sie.
Es hängt nicht von mir ab oder von Anderen, es hängt allein von dir ab,
was 'du' in mir siehst. Das ist meine Hoffnung. Es ist schon schwierig für
manche Japaner. Du wirst loslassen müssen, was du jetzt in mir siehst, um
mich zu bekommen. Nicht, weil ich dich nicht will, es ist deine kulturelle
Herkunft, die uns trennt, sie verhindert das, was du zu verstehen meinst,
wenn du sagst, 'ich liebe Noriko'.“
Dan schaute sie entgeistert an. Er verstand kein Wort.
„Du wirst es verstehen müssen. Willst du mich überzeugen, so muss ich mir
ebenfalls deiner sicher sein, um deinetwegen“, meinte Noriko, die sein
Gesicht musterte. „Du hast keine Wahl. Lass dich darauf ein und versuche
zu verstehen oder vergiss mich“.
„Ich kann dich nicht vergessen“, erwiderte Dan.
„Vergiss Noriko..., sieh mich an“, sagte Noriko.
Dan dämmerte es.
„'Wer' bist du“, fragte er sie.
Noriko schmunzelte.
„Die, die dich an die Hand nimmt. Du kannst sie jeder Zeit los lassen. Wir
werden heute Nacht eine private Theateraufführung besuchen, für einen
ausgesuchten Zirkel von hohen Persönlichkeiten aus allen Bereichen des
gesellschaftlichen Lebens. Es wird dir seltsam vorkommen, aber, was immer
du siehst, lasse es einfach auf dich wirken, es wird sich wahrscheinlich
deinem Verständnis entziehen“, eröffnete Noriko ihm. „Lass uns jetzt nach
oben gehen, du hast sicher Hunger“.
Der Fahrstuhl öffnete sich. Noriko betrat den Flur und öffnete die
Wohnungstür. Dan betrat hinter ihr die Wohnung. Das Penthouse lag in der
obersten Etage. Noriko legte ihr schwarzes Jackett ab und hing es an eine
Garderobe im Entree zu ihrem Wohnzimmer. „Deine Koffer kannst du später
auspacken. Lass uns erst etwas essen“, meinte sie, ging in Richtung
Wohnzimmer, warf ihre Handtasche auf eine große, vanillefarbene
Ledergarnitur, die in Hufeisenform um einen riesigen, ovalen Glastisch
gruppiert war und verschwand durch eine Glastür in Richtung Küche.
Dan schaute sich staunend um. Die Größe des Wohnzimmers alleine hätte
einer durchschnittlichen, japanischen Familie zur Wohnung genügt. Die
getönten Fensterscheiben reichten bis zum Boden und warfen ein gedämpftes,
aber angenehmes Licht in den Raum. Das Interieur war in hellen Farbtönen
gehalten und wurde nur durch die bunten Farben der Bilder unterbrochen,
die geschickt akzentuiert an den cremefarbenen Wänden hingen. Dan
entdeckte einen Chagall. „Wir können hier essen oder in der Küche“, meinte
Noriko und zeigte dabei auf einen milchweißen Marmortisch, der in einem
Winkel des Wohnzimmers stand. Dan schaute sie fragend an.
„Hier lebe ich, im kleinen Apartment studiere ich“, sagte sie.
Dan schaute sie an, ging aber nicht auf ihre Anmerkung ein.
„Das ging aber schnell, mit dem Essen zubereiten“, meinte Dan schmunzelnd.
Noriko lächelte. „Ich hatte schon etwas vorbereitet.“
„Ich ziehe die Küche vor, ich schaue dir gern beim Kochen zu“, entgegnete
Dan schließlich. Noriko lächelte wieder.
Er betrat die Küche. Noriko zeigte auf einen kleinen Tisch, der schon mit
Schalen, Tellern und Stäbchen eingedeckt war.
Dan schmunzelte. Reine Höflichkeit, dachte er, obwohl sie mich richtig
einzuschätzen weiß. Süße Maus.
Noriko hatte ein kleines Menü zubereitet, stellte die Speisen auf den
Tisch und setzte sich zu Dan. „Ich hoffe du magst Sushi. Leider hatte ich
heute nicht viel Zeit.“
„Mache dir keine Gedanken, zum einen habe ich im Flugzeug etwas gegessen
und zum anderen ist Sushi jetzt genau das Richtige. Ich mag es.“
Dan warf einen Blick in die Küche, die modern eingerichtet war. Es fehlte
in Norikos Wohnung an Nichts, ja, sie wirkte edel. Durch ihre Tätigkeit in
der Hotelbar kann sie sich das unmöglich leisten, ein Apartment in der
City und dieses Penthouse, dachte Dan. Er hatte viele Fragen, suchte nach
Antworten, wollte aber nichts überstürzen. Noriko würde es ihm erklären,
auf ihre Weise, da war er sich sicher.
„Ich werde nächste Woche mit meiner Abschlussarbeit beginnen. Unabhängig
vom Ergebnis, habe ich bereits eine feste Zusage für eine Anstellung im
Management, für ein Jahr“, meinte Noriko.
„Das ist wunderbar, dann hast du ja erreicht, was du wolltest, ich freue
mich für dich, Noriko.“
„Es wird für mich eine harte Zeit. Ich werde mich ganz und gar auf meine
Arbeit konzentrieren müssen, wenn ich weiter kommen will. Wenn sie mich
nach dem ersten Jahr fest einstellen, stehen mir Tür und Tor offen. Zum
Konzernmanagement dieser Firma zu gehören, ist eine besondere
Auszeichnung, nicht nur beruflich, auch gesellschaftlich.“
„Ich verstehe genau, was du meinst“, antwortete Dan. Es würde mir zwar
nicht genügen, dich alle Paar Wochen zu sehen, nur mit dir zu
telefonieren, aber ich respektiere es. Mir geht es genauso. Wir tragen
große Verantwortung für das, was wir machen, insbesondere für das, was wir
uns vertraut gemacht haben, nicht nur für uns selbst.“ Dan hatte diesen
letzten Gedanken in einem kleinen Buch gelesen und sich diesen zu seiner
Lebensmaxime gemacht.
Noriko schaute ihn an.
„Ja, du hast recht. Darum geht es.“
„Man bekommt im Leben immer einen kleinen Vertrauensvorschuss, den Rest
muss man sich erarbeiten. Das geht nur mit Offenheit, Respekt und
Aufrichtigkeit, will man eine dauerhafte Verbindung aufbauen, das gilt für
geschäftliches und privates“, meinte er. Dan ging in die Vollen. Er
wusste, wo der Nerv saß und wie man ihn traf, ohne das es weh tat. Diesen
Grundsatz vertrat er bei allen geschäftlichen Verhandlungen, gerade mit
japanischen Geschäftspartnern und diese wussten es zu schätzen. Er redete
nie um den heißen Brei. Jeder wusste, worauf es Dan ankam.
„Jedem kommt es auf seinen Erfolg an, aber nur gemeinsam kann man mehr
daraus machen“, fuhr er fort.
Noriko hörte aufmerksam zu.
„Dennoch bleiben bei allen Gemeinsamkeiten unausgesprochene Differenzen
zurück“, meinte Noriko.
„Das ist eine Frage der Kultur, der Gesprächskultur. Unser Aufgabe ist es
doch zu lernen, genau hin zu schauen, den Anderen verstehen zu wollen, zu
akzeptieren. Das geht nicht von Heute auf Morgen, das braucht Zeit.“
„Manches wird man nie verstehen“, wendete Noriko ein.
Dan dachte nach. Die Antwort darauf war entscheidend.
„Dann gilt es, mit dem Herzen zu sehen.“
Noriko lächelte.
„Du hast dich wohl mit Laotse beschäftigt. 'Geliebt zu werden macht uns
stark. Zu lieben macht uns mutig'“, zitierte Noriko.
Dan ging in die Offensive.
„Nein. Antoine de Saint-Exupéry“, antwortete Dan. 'Man sieht nur mit dem
Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar'. Es gibt sicher
viele Unterschiede zwischen dir und mir. Wenn man den anderen verstehen
will, sollte man mit Gemeinsamkeiten beginnen. Es gibt Weisheiten, die
keine Grenzen kennen. Nur Mut.“ setzte er hinzu.
Noriko schaute ihn erstaunt an und suchte in seinem Gesicht zu lesen.
„Zeige mir mehr von dir, als ich schon weiß, der Rest wird sich ergeben,
wie auch immer..., ich werde offen sein zu dir, weil ich das auch von dir
erwarte, Noriko..., wann sollte man sich entscheiden, bevor man alles weiß
oder nachdem man alles weiß?“, meinte Dan und schaute Noriko an.
Ich liebe dich zwar, aber nicht blind. Ich werde dir auf den Zahn fühlen,
mein süßer Engel, dachte Dan.
Noriko dachte schweigend nach. Sie spürte, dass es Dan ernst war mit ihr.
Dennoch fürchtete sie sich davor. Die Unterschiede schienen
unüberbrückbar.
„Wenn ich dir zeige, wer ich bin und was ich mache, bin ich dir
ausgeliefert“, meinte Noriko.
„Ich liebe dich“, antwortete Dan.
„Wärst du ein Japaner, ein ansässiger, uneingeweihter Geschäftsmann, würde
es uns im Wege stehen“, antwortete Noriko
Dan schaute sie an. Dies war der einzige Unterschied, der sie miteinander
verband, wurde es Dan plötzlich klar. Es war ein Eingeständnis.
„Wenn es so ist, dann darfst du dich in meiner Gegenwart frei fühlen.“
Noriko dachte nach.
Dan schaute sie an. Sie hatten nur eine Woche. Es wird Zeit für Antworten.
„Was hast du für mich bekommen“, fragte Dan.
Noriko stocherte in ihrem Salat.
„Nichts, du irrst dich.“
„Du arbeitest in einer Hotelbar, zeitweise, und du kannst dir ein
Apartment und dieses Penthouse davon leisten?“, konstatierte Dan sachlich.
„Meinem Vater gehört das Hotel und einige mehr, er bezahlt meine
Wohnungen, mein Studium, er ermöglicht mir alles. Ich arbeite dort, weil
ich ihm etwas zurück geben will, so wenig es auch scheint, es ist ein
Zeichen meines Respektes für das, was er für mich tut. Es geht nicht ums
Geld. Doch das ist nur die eine Seite meines Lebens. Er weiß von einigen
Dingen nichts. Als ich dich auf deinem Hotelzimmer aufsuchte, habe ich
viel riskiert und in meinem Apartment habe ich dir nichts vor gemacht.
Dan schluckte. Er schaute konsterniert, fasste sich aber schnell wieder.
„Dann war es ein Zufall, dass du für den gleichen Konzern arbeiten wirst,
mit dem ich ein Geschäft abgewickelt habe?“
„Nein.“
Dan schaute sie fragend an.
„Ich wusste nicht, dass du es bist“, fügte sie leise hinzu.
Dan verstand noch weniger. Er schwieg und hört zu.
„Ich bin frei in meinen Entscheidungen..., deine Firma wird einen großen
Marktanteil in Asien erwerben und der japanische Konzern wird euch Türen
dazu öffnen, haben sie dir gesagt. Du hast die Basis dafür geschaffen. Ihr
habt das Knowhow, Japan den Markt, noch. Du willst wissen, wie viel ich
bekommen habe..., es hätte mich etwas gekostet. Hundertundvierzig
Millionen Dollar für den Konzern oder dich, es geht mir nicht ums Geld.
Ich habe mich für dich entschieden, ohne das andere aus den Augen
verlieren zu dürfen.“
„Woher kennst du die Einzelheiten und Zahlen“, fragte Dan.
„Ich habe Ohren“, antwortete Noriko.
„Arbeitest du für sie, ich meine...“
„Ja und Nein. Ich genieße Respekt und einen gewissen Einfluss, und doch
habe ich manchmal keine Wahl.“
„Du hast dich für mich entschieden.“
„Ja, es macht mir Angst“, flüsterte sie.
Noriko schaute gedankenverloren auf ihren Teller.
Dan dachte nach. Er versuchte die Puzzelteile zusammen zu fügen.
„Wir haben das Knowhow“, meinte Dan nachdenklich in die Stille.
Noriko blickte ihn an.
„Ich liebe dich, Dan, aber unsere Liebe hat keine Chance.“
„Das will ich herausfinden“, antwortete Dan mit fester Stimme.
„Heute Abend nehme ich dich an die Hand“, meinte Noriko.
*
Ein leichter Nieselregen hatte eingesetzt und hinterließ bunt schimmernde
Tröpfchen auf den Scheiben. Die Scheibenwischer schmierten über die
Frontscheibe hinweg und malten klebrige Halbkreise. Das Taxi fuhr in
Richtung Peripherie der Millionenmetropole und blieb vor einem
Hochhauskomplex stehen, der in einer parkähnlichen Landschaft eingebettet
stand.
Sie stiegen aus dem Taxi. Dan schaute auf das Bauwerk und ließ seinen
Blick an der Fassade in die Höhe wandern. Der riesige, gläserne Betonklotz
bohrte sich wie eine Lanze in den nächtlichen Himmel. Nach einem
klassischen, japanischen Theater sieht das Gebäude nicht aus, dachte Dan.
Noriko schaute Dan an.
„Ein Bürogebäude“, meinte Dan mit fragendem Unterton.
„Oft verbirgt sich hinter der Wirklichkeit etwas anders, als man gemeinhin
erwartet“, meinte sie rätselhaft.
„Gehen wir“, sagte sie, hakte sich unter Dans Arm und steuerte einen
Seitenflügel des Gebäudes an.
Nach einer Weile erreichen sie einen schmalen, gläsernen Nebeneingang.
Noriko zog eine weiße, nichtssagende Chipkarte aus ihrer Handtasche, die
außer des Chips, keine weiteren Anhaltspunkte auf ihre Beziehung zu diesem
Gebäude erkennen ließ. Der Türriegel sprang unter leisem Summen auf.
Noriko drückte die Tür auf.
Sie betraten einen Flur, der mit hellem Marmor ausgelegt war und im Licht
der Notbeleuchtung in geheimnisvollem Grün fluoreszierte.
Norikos Schritte klangen wie das Ticken eines Metronoms und warfen ein
rhythmisches Echo durch den langen, leblosen Betonstollen, der sich an
seinem Ende in einen nur spärlich beleuchteten Treppenaufgang verlor.
Noriko führte Dan eine Etage nach unten, bog in ein paar Gänge des
Untergeschosses und blieb vor einer auf Hochglanz polierten Fahrstuhltür
stehen. Sie steckte die Chipkarte in einen Kartenterminal. Es dauerte nur
Sekunden bis der Fahrstuhl kam und sich die Tür öffnete. Dan sah auf der
Tastenkonsole, dass hier schon die oberste Etage war, die dieser Fahrstuhl
erreichen konnte. Alle anderen Fahrziele führten von hier aus in eine
Richtung. Bis zu drei Etagen nach unten. Noriko wählte die unterste Ebene.
Der Fahrstuhl setzte sich in Bewegung.
Die Fahrstuhltür öffnete sich. Dan war verblüfft. Entgegen der
ausdruckslosen Kälte der oberen Flure, gab es hier einen lachsfarbenen,
extravaganten, mit feinen Mustern durchwebten Teppichboden und mit beigen
Stoffen bespannte Wände, die zahlreiche Bilder, kunstvolle Drucke und
Zeichnungen schmückten. Ein warmes, sanftes Licht spendeten kleine
Wandleuchten, die mit bemalten Papierschirmchen dekoriert waren und ein
mattes, goldgelbes Licht auf die Wände malten.
Dan warf im Vorbeigehen einen kurzen Blick auf die alten Holztafeln und
Zeichnungen an den Wänden. Die Darstellungen erinnerten ihn an
Illustrationen des Kamasutra. Sie zeigten verschiedene erotische Akte, auf
denen Paare in unterschiedlicher Weise miteinander kopulierten oder andere
sexuelle Handlungen vornahmen.
„´Shunga´, sie sind echt“, meinte Noriko nur. „Sehr alt, selten und
teuer“.
Noriko ging eine Treppe hinauf und bog in einen Seitengang, von dem aus in
regelmäßigen Abständen mit kunstvoller Ornamentik versehene Türen in Räume
führten. Eine kleine Gruppe von Frauen und Männern in Abendgarderobe
traten durch die Türen und verschwanden. Sie hielten Champagnergläser in
der Hand. Ein Mann verneigte sich höflich aus der Ferne, als er Noriko
erblickte und verschwand durch eine Tür.
„Wir müssen hier entlang“, gab sie zu verstehen. Noriko steuerte auf eine
Tür zu, neben der eine Frau in höfisch traditioneller Kleidung stand. Sie
öffnete Noriko die Tür und verbeugte sich tief vor ihr und Dan. Sie
betraten eine kleine, separate Loge, die unter ihnen den Blick auf eine
Bühne freigab, die nur spärlich ausgeleuchtet war. Noriko und Dan setzten
sich.
Die Ränge ringsherum lagen im Dunkel. Niemand war zu sehen, aber Dan
spürte die Anwesenheit der Menschen anhand flüsternder Geräusche. Dan
hatte den Eindruck in einen kleinen, miniaturisierten Opernsaal zu
schauen, nur mit dem Unterschied, dass die kleine, rechteckige Bühne den
gesamten Raum des Parketts unter ihnen einnahm. Die Zuschauer saßen auf
zwei Ebenen in einem Karree um die Bühne herum angeordnet. Es erinnerte
ihn an ein Atrium, einen umlaufenden Säulengang, in dessen Mitte ein
Ziergarten lag. Dan war erstaunt und musste sich in Erinnerung rufen, dass
dieses Gebäude drei Stockwerke unter der Erde lag und der Himmel über der
Bühne aus vielen kleinen Lichtern bestand, die einen täuschend echten
Sternenhimmel imitierten.
Türen gingen auf der gegenüberliegenden Seite auf, ließen die dunklen
Silhouetten von Menschen hindurch schlüpfen und schlossen sich hinter
ihnen wieder.
Die Ränge und Logen schienen sich allmählich zu füllen. Dan versuchte sich
zurecht zu finden.
Mehr und mehr gewöhnten sich seine Augen an das gedämpfte Licht der
Bühnenbeleuchtung, das von dort gespenstisch auf die bunt bemalte,
hölzerne Balustrade des unteren Ranges reflektierte, hinter der die
geladenen Zuschauer dennoch in einem intimen Zwielicht verborgen blieben.
Die seltsam mystische Atmosphäre dieser geheimnisvollen Theaterarena
machte ihn ein wenig nervös.
Dan war auf der Fahrt mit dem Taxi alle möglichen Orte in Gedanken durch
gegangen, zu denen Noriko ihn hätte führen können, aber einen solchen,
ungewöhnlichen Platz, verborgen unter einem modernen, nichtssagenden
Bürokomplex, hatte er sich nicht vorstellen können.
Noriko ist hier nicht das erste Mal, kam es Dan in den Sinn, zumal sie
eine Chipkarte besitzt, die ihr einen freien Zugang in diese verborgenen
Katakomben ermöglicht. Sie scheint hier keine Unbekannte zu sein.
Der leise Klang einer Laute war nun zu hören. Sie stimmte eine
melancholische Melodie an und ließ das verhaltene Murmeln in den Rängen
schlagartig verstummen. Das Bühnenlicht wurde etwas aufgezogen und gab den
Blick auf die Kulissen frei.
Dan blickte tief beeindruckt auf die Bühne unter sich.
Eine aufwendig gestaltete, pittoreske Gartenszene präsentierte sich dem
Zuschauer. Eine außergewöhnliche Theaterbühne mit einer lebensgetreuen
Dekoration.
Da präsentierte sich ein überschaubarer, kunstvoll angelegter, japanischer
Teegarten, wie man ihn in öffentlichen Parkanlagen oder privaten
Gartenlandschaften vorfand. Ein kleiner Quell in einem Steingarten ergoss
sein Wasser an Blumenbeeten, Farnen, Bambusswäldchen und
Bonsaiarrangements vorbei, in einen sich durch die gesamte Szene
schlängelnden, mit großen Kieseln und Moosen geschmückten Bachlauf. Er
schmiegte sich an einen kleinen Platz, der sich, mit in grauen Kies
eingeharkten, wellenförmigen Ornamenten versehen, vor einem kleinen
Teehaus befand. Dort stand in reinem Licht getaucht eine steinerne Bank,
die aus einem Stück Fels gehauen schien. Das Wasser setzte klöppelnde
Bambusswippen und hölzerne Schaufelräder in Gang, wanderte unter einer
kleinen Bogenbrücke hindurch und strömte schließlich über Steinterrassen
in einen Teich, auf dem rote Blüten schwammen.
Schmale Fußwege wanden sich durch die Beete an Steinlaternen vorbei,
wurden hier und dort durch den Wasserlauf unterbrochen und endeten
schließlich vor der steinernen Bank.
Nach einer Weile erstarb der Klang der Laute und wurde durch leises
Trommeln und einem lauter werdenden Klappern ersetzt.
Ein Mann in einer prachtvollen, historischen Uniform gekleidet trat aus
dem Dunkel des Bühneneinganges durch ein Tori in den Garten hinein. Es
schien Dan, als käme er aus dem Nichts.
„Ein General“, flüstere Noriko.
Seine erhabene, theatralische Stimme zerriss das erwartungsvolle Schweigen
des Theaterraumes und versetzte die Zuschauer in nervöse Anspannung. Seine
feste, harsche Stimme erklang akzentuiert und untermauerte seine Worte mit
einem beschwörenden Unterton.
Er durchschritt dabei den kleinen Garten, blieb hin und wieder stehen,
schaute auf den Bachlauf und tat, als spräche er mit sich selbst. Er
hockte sich vor eine Wasserwippe, griff in das Rinnsal und ließ es durch
seine Finger fließen. Ein lauter Trommelschlag erklang. Er schaute
erschrocken auf, blickte in Richtung Teehaus und verschwand mit schnellen
Schritten aus der Szenerie ins Dunkel zurück.
Eine Frau in einem roten, mit Goldfäden durchwebten Kimono gekleidet,
betrat in Begleitung ihres Gefolges den Garten. Sie tippelte auf
traditionellen, hölzernen Schuhen und trug ihre Haare hoch drapiert. Ihr
Gesicht war auffällig geschminkt, wie Dan es von den Geishas kannte. Sie
stellt wohl eine hochgestellte, aristokratische Dame dar, dachte Dan. Ein
General. Eine vornehme Frau, eine Prinzessin vielleicht, begleitet von
ihren Bediensteten, sinnierte er.
Eine Kammerzofe begleitete die Dame, indem sie einen großen, mit
Kirschblüten und Lilien bemalten, papierenen Sonnenschirm über sie hielt.
Vier Soldaten folgten hinter ihnen und eskortierten sie schützend.
Die Dame schritt auf die Quelle zu, nahm eine kleine Gießkanne, die in der
Nähe stand, befüllte sie mit etwas Wasser und begoss mit wenigen Tropfen
einen der Bonsai am Wasserlauf. Der dünne Ausguss der kleinen Gießkanne
war armlang und besaß an seinem sich verjüngenden Ende, eine kunstvoll
gearbeitete Mündung, die an eine Rosenknospe erinnerte. Sie sprach dabei
mit ihrer Kammerzofe, die eine kurze Antwort gab und sich verneigte.
„Phallus“, flüsterte Noriko.
Langsam durchschritt die edle Dame monologisierend mit ihrem Gefolge den
Garten in Richtung Teehaus. Sie stellte die Gießkanne beiseite, wandte
sich um und trat auf die Bank zu.
Dan schaute aufmerksam zu und versuchte in den langsamen Gesten ihrer
Hände und in ihrem maskenhaften Mienenspiel zu lesen, da ihm die exotische
Sprache keine Anhaltspunkte lieferte. Ein fremdartiger Zauber lag über der
Szenerie.
Die vornehme Frau setzte sich auf die Bank. Sie gab der Kammerzofe ein
aufforderndes Zeichen sich neben sie zu setzten. Die Zofe reichte einem
Soldaten den Schirm und setzte sich. Einer der Soldaten gab ein Kommando.
Die Soldaten postierten sich in ihrer Nähe.
Die Dame sprach zu ihrer Zofe und legte dabei eine Hand auf deren Brust.
Erst jetzt bemerkte Dan, dass die Zofe nicht mit einem Kimono sondern nur
mit einem seidenen Umhang bekleidet war, der durch eine breite Schärpe um
ihre Hüfte gehalten wurde. Die Dame sprach ein paar Worte zu ihr und gab
dann mit der Hand ein Zeichen. Zwei weitere Zofen hatten sich bereits im
Teehaus eingefunden und betraten nun die Szene. Die eine trug einen
winzigen Tisch aus dem Teehaus herbei und stellte ihn vor die Bank,
während die andere Zofe Schalen und ein Trinkgefäß darauf platzierte. Sie
füllte Tee aus einer Kanne in eine Schale und reichte sie der Dame. Die
Zofen verneigten sich und stellten sich neben sie auf.
Die Dame trank bedächtig und sprach dann in lautem, aufforderndem Ton,
welcher die Kammerzofe veranlasste, ihren Umhang so weit zu öffnen, dass
eine Brust zum Vorschein kam. Dan runzelte die Stirn und schaute gebannt
auf das Geschehen.
„Kakeru“, flüsterte Noriko.
Die Zofe nahm eine kleine Schale, führte sie unter ihre Brust und begann
sie zu massieren. Es dauerte nicht lange, bis ein paar Tropfen in die
Schale flossen. Schließlich reichte die Zofe der Dame die Schale, die
daraufhin mit erboster Miene ein paar harsche Töne von sich gab und den
anderen Zofen, die in der Nähe standen, einen Wink mit der Hand zuwarf.
Die Kammerzofe stand auf.
Die beiden Zofen traten auf die Kammerzofe zu und entkleideten sie.
Die Dame sprach die beiden an. Es klang wie ein Befehl. Sie stellten sich
vor die Kammerzofe, die mit ehrerbietig gesenktem Kopf vor der Bank stand,
beugten ihre Oberkörper und begannen je eine der Brüste mit dem Mund zu
stimulieren. Sie leckten über die Brüste der Kammerzofe und begannen an
deren Nippel zu saugen. Die edle Dame trank unbeeindruckt ihren Tee,
während die Kammerzofe neben ihr stand und leise wimmerte.
Dann ließ eine der Zofen von ihr ab, ging zum Tisch, nahm die kleine
Schale und hielt sie abwechselnd unter die Brüste. Die andere Zofe
massierte währenddessen die Brust und drückte langsam die Milch heraus,
die in kleinen Bögen in die Schale spritzte.
Es herrschte Totenstille im Publikum und manchmal erklang ein leises,
gurgelndes Geräusch aus dem sich füllenden Gefäß zu ihnen herauf.
Dan traute seinen Augen nicht. Er sah gebannt zu. Noch nie hatte er eine
solche Aufführung gesehen, sie sich überhaupt vorstellen können. Er war
irritiert und doch fasziniert. Was für eine seltsame Welt hatte er heute
Abend betreten.
Noriko schaute ihn aus den Augenwinkeln an und betrachtete sein
schemenhaftes Gesicht, dass wie versteinert auf die Bühne gerichtet war.
„Bukkakeru“, flüsterte Noriko.
Dan schaute sie entgeistert an.
„Später“, setzte sie leise hinzu.
Dan schaut wieder auf die Bühne und sah aus den Augenwinkeln den General,
der sich am gegenüberliegenden Ende des Gartens hinter Bambus versteckt
hielt und das Geschehen aus seiner Deckung beobachtete.
„Ein Geschenk an seine Geliebte, er selbst kann es nicht tun, er ist
General bei Hofe“, flüsterte Noriko.
„Es verweist auf seine Begierde“.
Dan verstand allmählich den Hintergrund.
Die Zofe stellte die mit Milch gefüllte Trinkschale mit zeremoniellem
Gebaren auf den Tisch und verneigte sich vor der Dame.
Die Dame gab einen lauten Befehl. Eine Trommel erklang leise, während eine
junge Frau von einem Soldaten begleitete in die Szene geführt wurde. Sie
ging barfüßig und trug einen schmutzigen, abgewetzten Umhang. Ihr langes,
schwarzes Haar war zu einem Zopf gebunden.
Eine der Zofen holte ein großes, rotes Kissen und drapierte es in der Nähe
des kleinen Tisches auf den Boden. Der Soldat stieß die junge Frau hinüber
und befahl ihr mit einer auffordernden Gebärde seines Armes sich darauf zu
knien.
Ein weiterer Befehl erklang. Einer der Soldaten salutierte und verschwand
schnellen Schrittes durch das Tori von der Bühne. Die Zofen machten sich
derweil daran, den Zopf der jungen Frau zu öffnen und ihr langes,
schwarzes Haar um deren Schultern zu legen.
Schließlich betrat der Soldat wieder die Szene. In seinem Gefolge hatte er
Männern, deren Reihe bis in das Dunkel des Bühneneinganges reichte. Die
Männer waren nackt, trugen jedoch Helme, die mit ledernem Wangenschutz
ausgestattet waren und so ihr Gesicht unkenntlich machten. Dan wurde
nervös und ahnte, was die nächste Szene beinhalten würde. Die vornehme
Dame gab einen Befehl und zeigte auf die junge Frau. Ein Soldat setzte
sich in Bewegung und schritt auf die junge Frau zu.
Diese erhob sich vom Kissen. Eine der Zofen trat vor sie und nahm ihr den
Umhang ab. Der Soldat baute sich neben ihnen auf, zog sein Schwert und
hielt es drohend vor das Gesicht der jungen Frau.
Die andere Zofe empfing derweil die nackten Männer und führte sie in die
Nähe der vornehmen Dame, die nun von ihrer Bank aufstand und sie in
Empfang nahm. Sie schaute auf die nackten, männlichen Körper, begutachtete
deren Genitalien, nahm sie in die Hand, musterte diese genau und sprach
die Zofe an. Die Zofe ließ sich anmutig auf ihre Knie herab. Der erste
Mann in der Reihe stellte sich vor sie.
Es war wie ein heiliges Zeremoniell. Die Zofe führte ihre Hand an sein
Glied, nahm es bedächtig zwischen Daumen und Zeigefinger, zog die Vorhaut
langsam zurück und berührte die Eichel so zaghaft mit ihrer Zungenspitze,
als hätte sie Angst, sie entweihte mit ihrem Handeln ein Kunstwerk.
Schließlich ließ sie ihn in ihren Mund gleiten. Verhaltenes Trommeln und
klingendes Schellen untermalten den Ablauf.
Nach einer Weile ließ sie von ihm ab. Der Mann trat nun mit seinem
erigierten Penis hinüber zur jungen Frau und stellte sich hinter sie. Jene
bückte sich sofort unter dem lauten Befehl des Soldaten. Sie ergriff die
Hände der Zofe, welche vor ihr Stand. Der Erste drang in sie ein und
penetrierte sie hart, während der Nächste in der Reihe vor die knienden
Zofe trat, die sich mit gleichem Gehabe über seinen Riemen her machte. Die
junge Frau keuchte und kreischte leise bei jedem wuchtigen Stoß, während
sie in gebückter Haltung an den Armen der Zofe gehalten wurde.
Einer nach dem anderen trat vor und penetrierte die junge Frau eine kurze
Zeit. Keiner der Männer erreichte einen Orgasmus. Dan wunderte sich
zunächst darüber, dass es so schnell ging. Nachdem aber der Erste der
Männer von der jungen Frau abließ, vortrat und in eine große Schale
ejakulierte, die ihm die Kammerzofe hin hielt, wurde ihm klar, dass das
nur eine Ankündigung sein sollte, für eine Szene, die noch kommen würde.
Die vornehme Dame hatte sich derweil hinter die junge Frau gestellt und
beobachtete genau, wie einer nach dem anderen sie penetrierte. Schließlich
ging sie in Richtung ihrer Kammerzofe und schaute in die Schale, während
die Männer hinein ejakulierten. Es sah aus wie bei einem opulenten
Festessen, auf dem die Gastgeberin sich sorgend danach erkundigte, ob
alles reibungslos und zur Zufriedenheit ihrer Gäste bereitet war. Die
Männer verschwanden, nachdem sie in die Schale ejakuliert hatten, von der
Bühne. Die Reihe an Männer schien jedoch kein Ende zu nehmen. Dan schaute
entgeistert auf die Inszenierung und beobachtete, wie manche der Männer,
bevor sie in die junge Frau eindrangen, sich mit einer Hand etwas auf
ihren Penis schmierten. Ein Gleitmittel, dachte Dan, anders ist es wohl
kaum für die junge Frau auszuhalten.
Die vornehme Dame unterbrach die Vorstellung der Männer mit einer
Handbewegung und sprach ein paar Befehle. Dan schätzte, das zu diesem
Zeitpunkt etwa zwei Dutzend Männer in die Schale ejakuliert hatten. Die
Reihe der noch Wartenden nahm jedoch kein Ende. Die junge Frau richtete
sich auf und wurde zur steinernen Bank geführt. Das Kissen wurde darauf
gelegt. Die junge Frau kniete sich darauf. Ihr langes Haar wurde um ihre
Schultern drapiert und ihre Hände und Füße von einem der Wachsoldaten, der
vor dem Teehaus postiert war, auf ihrem Rücken mit einer Kordel zusammen
gebunden. Er band ihren Oberkörper mit schnellen, virtuosen Bewegungen in
einen Kokon aus Schnüren. Sie wurde auf diese Weise in eine Zwangshaltung
gebracht, die ein Aufstehen unmöglich machte. Die Männer traten nun einer
nach dem anderem vor die Steinbank. Sie wurden von der Kammerzofe
empfangen, die sich neben sie stellte. Der Zofe, welche die Männer vorher
mit ihrem Mund befriedigt hatte, wurde etwas gereicht. Sie stellte sich
hinter die junge Frau, legte ihr eine Lederschlinge um den Hals, hakte an
ihr ein Kette in eine Öse und zog an deren Ende, um ihren Kopf in eine
aufrechten Position zu bringen. Dan erschrak innerlich, jedoch ahnte er,
dass es hier um etwas anderes ging, als er zunächst vermutete. Es war kein
Gewaltakt, der sich ihm darbot. Eine seltsame Stimmung beschlich ihn, als
er das hübsche Gesicht der jungen Frau betrachtete, die erwartungsvoll den
Ersten anblickte und dann die Augen schloss. Dan glaubte, etwas freches,
aufsässiges in ihrem Blick erkannt zu haben, als wollte sie die Männer
trotz ihrer aussichtslosen Lage verspotten.
Die Männer hielten ihre Hände nach hinten und reckten ihren Unterleib vor
das Gesicht der jungen Frau, während die Kammerzofe die Schwänze in die
Hand nahm, sie rhythmische massierte und sie, sobald sich ein Orgasmus
ankündigte, über das Gesicht der jungen Frau hielt. Das leise Stöhnen der
Männer drang aus dem Garten herauf. Dünne, glasige Fäden legten sich nach
und nach auf das hübsche Gesicht, über Haare, Augen, Nase und Mund,
verbanden sich allmählich zu tranigen Bächen, sickerten über ihre schmalen
Schultern auf den Rücken, tropften behäbig von ihrem Kinn auf die kleinen
Brüste und verwandelten ihren Oberkörper in eine schimmernde Skulptur. Dan
beobachtete die endlose Reihe der Männer, zu denen sich anscheinend immer
mehr aus dem Dunkel des Bühneneinganges gesellten.
Dan rutschte nervös auf seinem Sitz nach vorn. Er war sichtlich erregt.
Einerseits wähnte er sich in einem bizarren Traum, andererseits wusste er,
dass Noriko ihn in eine unbekannte, reale Welt entführt hatte, die ihren
eigenen Gesetzten und Spielregeln folgte. Es war ihm unheimlich zu wissen,
das nicht nur er dem Schauspiel folgte. Viele Frauen und Männer saßen im
Publikum und genossen auf ihre Weise die seltsam anmutende Aufführung.
Eine Aufführung, die seine Vorstellungskraft und Wahrnehmung erschüttern
ließ. Diese sexuelle Spielart war ihm nicht unbekannt. Aber in einem
solchen Rahmen wurde sie zu etwas, das er nicht einordnen konnte. Sie
erschien ihm nah, aber doch ungreifbar fern, unbestimmt und irreal. Ja,
sie wirkte grotesk. Er konnte und wollte sich keinem Urteil nähern. Es war
ihm zu fremd.
Die vornehme Dame schlich um die gebundene Frau und sprach in lautem Ton.
Schließlich unterbrach sie mit einer Handbewegung für einen Augenblick die
Szene, ging zum kleinen Tisch, griff nach der kleinen Schale mit der Milch
und führte sie an die Lippen der jungen Frau. Sie öffnete ihren verklebten
Mund und trank sie mit geschlossenen Augen.
„Gokkun“, flüsterte Noriko.
Dan hörte es zwar, schaute aber weiter gebannt auf den Akt.
Die übrigen Männer bildeten nun einen Kreis und ejakulierten der Reihe
nach in den weit geöffneten Mund der jungen Frau, die ihre Zunge dabei
heraus streckte. Die Männer verschwanden nacheinander aus der Szene.
Abschließend übergoss die vornehme Dame die Gebundene mit dem Ejakulat aus
der Schale, ließ es in ihren Mund träufeln oder goss es auf ihr Haar.
Die Musik erstarb.
Sie stellte die Schale auf den kleinen Tisch und machte eine
ausschweifende Bewegungen mit ihrem Arm.
Die laute Stimme des Generals erklang. Er trat aus seiner Deckung hervor.
Soldaten kamen mit einer hölzernen Trage, packten die gebundene Frau,
legten sie darauf und verschwanden mit ihr aus dem Garten. Das restliche
Gefolge der vornehmen Dame nahm ihre anfängliche Aufstellung wieder ein.
Ein Soldat reichte der Kammerzofe, die sich unterdessen mit ihrem Umhang
bekleidet hatte den Sonnenschirm. Der General trat mit schnellen Schritten
auf die Dame zu, verneigte sich und verließ mit ihr und ihrem Gefolge den
Teegarten.
Das Licht dimmte herunter und verwandelte den Garten in ein nächtliches
Mysterium.
Leiser Beifall brandete auf.
Noriko schaute Dan an.
„Wir warten und gehen zuletzt“, flüsterte sie.
Sie musterte im Halbdunkel sein Gesicht.
In Dans Kopf rotierten seine Gedanken.
„Ich habe Yukiko gebeten, mich heute zu vertreten“, flüsterte Noriko. Ihre
Stimme klang unsicher.
„Yukiko?“, fragte Dan.
„Das Mädchen... auf dem roten Kissen.“
Dan wurde es heiß und kalt zugleich.
Noriko schaute ihn an.
„Es ist nur eine Rolle... von vielen Rollen“, flüsterte sie. Es klang wie
eine Entschuldigung.
Dan schaute Noriko durchdringen an.
„Erkläre es mir, erkläre mir alles“, sagte Dan.
„Nicht jetzt, Dan, später.“
Aussergewöhnliche Begegnung
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