Mittwoch:
Nachdem Dan alle Zollformalitäten hinter sich gebracht hatte, betrat er
den Ankunftsbereich des Terminals. Er schaute in die wartenden Gesichter
und versuchte sich zu orientieren. Es war nicht das erste Mal, dass er
hier landete. Dennoch erschien es ihm, als beträte er jedes Mal eine
völlig neue Welt. Es gab für ihn kaum eine Affinität zur europäischen
Kultur, obwohl die gemeinsamen, wirtschaftlichen Interessen auf beiden
Seiten von hohen Erwartungen und vor allem von gegenseitiger Achtung
gekennzeichnet waren. Achtung setzt aber immer verstehen voraus, und da
taten sich die Europäer doch etwas schwerer, als die Asiaten.
Die Zeiten, in denen die japanische Industrie davon lebte, gute,
ausländische Produkte zu imitieren und nachzubauen, waren endgültig
vorbei. Nicht, dass sie dazu nicht mehr in der Lage waren, im Gegenteil,
sie hatten es nicht mehr nötig. Sie waren innovativ, kreativ und
durchsetzungsfähig und in manchen Branchen einfach besser. Aber immer auf
ihre ganz und gar unnachahmliche, asiatisch zurückhaltende Art. Osaka war
Japans Industriestadt schlechthin. Die größten Konzerne hatten hier ihren
Sitz, ihre Zentralen und Produktionsstädten. Die Stadt war eine Ausgeburt
an Betriebsamkeit.
„Herr Miller", hörte Dan seinen Namen in einwandfreiem aber japanisch
akzentuiertem Englisch.
Dan drehte sich in Richtung Stimme.
„Willkommen in Osaka," setzte die Stimme erneut an.
Dan erkannte einen uniformierten und mit weißen Handschuhen bekleideten
jungen Mann, der aus der wartenden Menge auf ihn zu schritt und sich dabei
mehrmals mit kurzen Verbeugungen andiente.
„Ich bin ihr Fahrer. Ich bringe sie zu ihrem Hotel. Darf ich ihr Gepäck
nehmen."
Die Firma hatte wie immer einen Fahrer geschickt. Ein selbstverständlicher
Service. Wie um alles in der Welt wusste dieser Mensch, wen er hier am
Flughafen anzusprechen hatte. Sicherlich, Dans Auftreten und seine äußere
Erscheinung war europäisch. Aber er war schließlich nicht der einzige
Fluggast aus dem westlichen Ausland, der sich hier am Terminal aufhielt.
Wahrscheinlich hatten Asiaten weniger Probleme damit, europäische
Gesichter zu unterscheiden, als das umgekehrt der Fall war.
„Bitte folgen sie mir."
Der Fahrer verneigte sich kurz, schnappte sich Dans Koffer und ging ohne
weitere Konversation in Richtung Aufzug.
Der Fahrer fädelte den Wagen aus der Tiefgarage geschickt in den dichten
Verkehr.
„Das Hotel ist nicht weit entfernt vom Flughafen, Herr Miller, aber wir
werden leider eine gute Stunde brauchen. Es ist Rushhour."
„Ich habe Zeit," meinte Dan und lächelte verständnisvoll.
Der Fahrer nickte und steuerte mit stoischer Gelassenheit durch den
dichten Verkehr.
Osaka glich auf den ersten Blick jeder anderen Großstadt. Überquellender
Straßenverkehr, wartende Menschenmassen an Fußgängerübergängen und
Werbebanner jedweder Couleur an den Fassaden der Hochhäuser und Geschäfte.
Doch die Eigenarten dieser diszipliniert turbulenten Stadt waren
unverkennbar. Die japanischen Stadtplaner hatten wahre Meisterwerke in der
Verkehrsführung geschaffen. Zu mehreren Fahrspuren flutete die Blechlawine
wie ein Flussdelta in verschiedenen Stadtteile ohne sich zu verheddern.
Sie schlängelten sich an Häuserfronten vorbei und verschwanden plötzlich
im Gewirr der Straßenzüge. Für jeden nicht ortskundigen Autofahrer war
Osaka eine Odyssee im Nirgendwo. Dan beobachtete die auf den Gehwegen
vorbei trippelnde Menschenmenge, wie sie in die Geschäfte hinein flutete,
oder aus den U-Bahnausgängen ans Tageslicht quoll. Jedes Einkaufszentrum
flankierte seine Aus -und Eingänge mit unablässig lächelnden und sich
dabei verneigenden Servicekräften, die nichts anderes taten, als den
eintretenden Kunden die Königswürde zu verleihen.
Der Fahrer stoppte den Wagen vor der Eingangshalle des Hotels, sprang
heraus, lief um das Fahrzeug und öffnete sich verneigend die Tür, während
ein flugs herbeigeeilter Portier sich am Kofferraum zu schaffen machte und
Dans Gepäck entlud.
„Ich hoffe ihre Fahrt war angenehm," erkundigte sich der Fahrer.
Dan bedankte sich.
„Bitte zeichnen sie mein Fahrprotokoll gegen," forderte der Fahrer Dan
höflich auf und hielt ihm eine Klemmmappe zur Unterschrift hin, auf dem er
ein Schriftstück sah, welches mit seinem Konterfei in Form eine Bildes
nebst Namen geschmückt war. Dan musste Schmunzeln. Er hätte es sich denken
können.
Dans Termin war für Zehn Uhr am Morgen anberaumt. Er wollte unbedingt
pünktlich sein und machte sich, nachdem er im Hotelrestaurant ausgiebig
gefrühstückt und dabei seine Unterlagen geprüft hatte, per Taxi auf den
Weg. Die erste Nacht war wie immer kurz gewesen. Der Jedleg machte ihm ein
wenig zu schaffen, aber er hatte sich im Griff und konzentrierte sich auf
den anstehenden Termin.
In der Lobby der Firmenzentrale wurde er bereits erwartet.
„Herzlich willkommen in Osaka."
Ein kleiner, smarter Mann kam Dan entgegen, dessen Gesicht er aus
zahlreichen Videokonferenzen kannte. Nach einer kurzen Verbeugungen
reichte er ihm freundlich lächelnd seine Hand.
„Vielen Dank, ich freue mich hier in Osaka zu sein und sie einmal
persönlich kennen zu lernen."
„Wir freuen uns sehr sie in unserem Haus begrüßen zu können. Ich hoffe,
ihre Reise verlief zu ihrer Zufriedenheit."
„Ja, Danke, es verlief alles Reibungslos."
Damit war die Frage nach dem zur Verfügung gestellten Fahrservice auch
gleich dezent abgehakt.
„Bitte begleiten sich mich in meine Abteilung."
Die Gespräche und Verhandlungen verliefen erfolgreich. Die zukünftigen
wirtschaftlichen Beziehungen zum neuen Geschäftspartner waren unter Dach
und Fach.
Da Dan noch ein paar Tage in Osaka blieb, erhielt er noch ein paar Tipps
und Hinweise zu Sehenswürdigkeiten und Orten, an denen er die japanische
Kultur besser kennen lernen würde.
Es war für Dan ein harter, aber erfolgreicher Tag. Er war zwar müde,
fühlte sich aber gleichzeitig beschwingt genug, um sich noch einen Drink
zu gönnen. Nachdem er den späten Nachmittag genutzt hatte einen Teil des
angefallenen Schriftverkehr abzuarbeiten, verließ er sein Hotelzimmer und
begab sich nach unten.
Die Hotelbar war bereits mit zahlreichen Gästen besucht. Leise spielte
Musik im Hintergrund. Dan wandte sich zur Theke und setzte sich auf einen
Hocker. Neben ihm unterhielten sich japanische und europäische
Geschäftsleute, die ihren Feierabend in entspannter Atmosphäre
verbrachten. Dan schaute auf die Getränkekarte, überflog sie kurz und
legte sie beiseite. Ein oder zwei kühle Biere, dann aufs Zimmer, ein wenig
durch die Kanäle zappen und schlafen, dachte Dan. Der Tag war anstrengend
genug.
Dan schaute nach dem Barkeeper.
Noriko putzte die frisch gespülten Longdrinkgläser mit einem Tuch und
stellte sie in ein Regal hinter sich. Sie schaute sich prüfend nach ihren
Gästen an der Theke um. Sie erblickte Dan und kam zu ihm.
„Was darf ich ihnen bringen, fragte sie Dan in hervorragendem,
akzentfreiem Englisch.
„Ein Bier vom Fass hätte ich gern, ein Export bitte."
„Gerne der Herr," antwortete Noriko und begann zu zapfen.
Dans Blick haftete einen Moment auf ihr.
Sie trug eine weiße hochgeschlossene Bluse dazu einen schwarzen knielangen
Rock. Neben ihrem hübschen ovalen Gesicht, in dem zwei wache, dunkle Augen
hinter einer schwarz umrandeten Brille funkelten, fielen Dan ihre
pechschwarzen Haare auf, die sie zu einem langen Zopf geflochten hatte. Er
reichte ihr bis zur Hüfte. Noriko servierte Dan das Bier, schaute ihn kurz
an und verzog fast unmerklich ihre Lippen zu einem Lächeln. Sein Blick
fiel auf ihre Hände, die äußerst schlank und feingliedrig waren.
Dan nahm einen Schluck Bier und ließ dann interessiert seinen Blick durch
den Raum schweifen, warf einen Blick auf die geschmackvolle Einrichtung
und landete wieder bei Noriko, die in ruhiger und konzentrierter
Freundlichkeit die Gäste bediente.
Sie servierte gerade ein paar Longdrinks an einen ganz in der Nähe der
Theke gelegenen Tisch. Für eine Japanerin ist sie auffällig groß
gewachsen, dachte Dan. Sie war hübsch, aber dennoch eine eher unauffällige
Erscheinung, eine Frau, die auf den zweiten Blick wirkte, für die man sich
einfach mehr und mehr interessieren musste, je öfter und intensiver man
diese Frau wahrnahm. Noriko servierte die Drinks, drehte sich um, schaute
hinüber zur Theke und fixierte Dan für einen kurzen Augenblick. Ihre
Blicke trafen sich. Dan war dieser Moment unangenehm. Er fühlte sich
ertappt. Noriko kam zurück, stellte das Tablett ab, öffnete einen
Kühlschrank, der sich gegenüber von Dans Sitzplatz befand, ging in die
Hocke und entnahm ein paar gekühlte Flaschen. Ihr langer Zopf hing nun
über ihrem Gesäß. Dan ließ seinen Blick über ihren Rücken wandern. Ihre
Bluse hatte sich über ihren Rücken gestrafft. Deutlich zeichnete sich der
Verschluss ihres weißen BH's ab, die kleinen Wirbel ihres Rückgrades, die
in regelmäßigen Kaskaden ihren schmalen Rücken herab liefen. Der Stoff
ihres Rockes spannte sich um ihr Gesäß, so dass sich die Rundungen ihrer
Pobacken deutlich abzeichneten. Dan nahm einen kräftigen Schluck aus
seinem Glas.
Eine Japanerin hatte ich noch nicht, schwebte es plötzlich aus seinem
Unterbewusstsein wie eine Luftblase an die Oberfläche. Lass' diese
Gedanken sein, ermahnte er sich, du bist nur hier um ein Geschäft
abzuwickeln und heute Abend ein Bier zu trinken. Dan leerte sein Glas.
Besser ich geh' nach oben und bestelle mir etwas zu trinken auf mein
Zimmer, ist auch gemütlicher im Bett, erst Duschen, etwas Fernsehen,
schlafen, sinnierte er.
„Junge Dame... er winkte Noriko heran, bitte schreiben sie das Getränk auf
die Rechnung für Zimmer dreihundertundvierzehn."
„Selbstverständlich, einen Moment bitte. Noriko ging zum Computer, gab die
Zimmernummer ein und kam schließlich mit einer Quittung zurück.
Vielen Dank Herr Miller, die „junge Dame" heißt Noriko," setzte sie noch
halblaut hinzu.
Dan nahm die Quittung entgegen, schaute sie einen Moment verdutzt an und
lächelte.
„Ja, danke, antwortete Dan und ging.
Dan machte die kleine Nachttischlampe an, nahm den Hörer ab und bestellte
noch ein kühles Bier und einen Happen zu essen. Das Bier an der Bar hatte
ihn auf den Geschmack gebracht. Bevor er ins Bett ging, wollte er sich
noch eine warme Dusche zur Entspannung gönnen. Er hängte seine Sachen
sorgfältig auf den Herrendiener, machte den Fernseher an, warf einen
kurzen Blick auf das Programm und ging ins Badezimmer.
Dan stellte sich unter die Dusche und begann sich einzuseifen.
Nach einer Weile hörte er den Zimmerservice klopfen und eintreten.
„Bitte stellen sie es auf den Tisch," rief Dan aus dem Bad.
Er stand mit den Handflächen gegen die Fliesen gelehnt und ließ das warme
Wasser über seinen Rücken plätschern. Einen Moment blieb er so stehen und
genoss das wärmende Nass, dass seinen Rücken umspülte. Er versuchte seine
Gedanken abzuschalten, sich auf diesen wohltuenden Moment zu
konzentrieren. Es gelang ihm nicht. Wie immer kamen ihm die gleichen
Gedanken. Er dachte über seine Lebenssituation nach. Wieder einmal in
einem Hotelzimmer, irgendwo im Ausland, das ihm seine Heimat kaum ersetzen
konnte. Immer wieder der Druck erfolgreich Geschäfte für seine
international agierende Firma zum Abschluss zu bringen, Messen
vorzubereiten, immer wieder große Herausforderungen, keine Zeit für
privates, keine Frau oder Freundin, die auf ihn wartete, die sich nach
seinem Befinden erkundigte, und wenn das Telefon klingelte, dann wartete
Vater oder die Abteilung auf einen Zwischenbericht mit kalkulierbaren
Fakten und keine Antworten wie, „es geht mir gut, ich vermisse dich, wann
bist du endlich wieder bei mir," statt dessen, „die Gespräche verliefen
viel versprechend, meine Präsentation machte Eindruck, unser Angebot wurde
akzeptiert, der Auftrag ist erteilt, wir werden auf der Messe mit unserem
neuen, innovativen Produkt einen positiven Eindruck machen und neue
Klientel gewinnen."
Immer wieder der gleiche Trott, irgendwie läuft meine Zeit in einer
Endlosschleife ab, fühlte Dan und mischte das Wasser der Dusche etwas
heißer.
Seine Wohnung in der Heimat blieb die meiste Zeit verwaist und der Porsche
in der Garage hatte noch nicht viel Asphalt gesehen.
Dan lachte in sich hinein.
Die einzige Genugtuung, die ihn ein wenig aufbaute war die Tatsache, das
sein Guthaben auf seinem Bankkonto ständig stieg. Die Firma bezahlte alle
Spesen, den Flug, das Hotel, und am Ende eine erfolgreichen Jahres, gab es
eine satte Bonifikation. Er hatte mehr als genug. Aber was war schon Geld
im Vergleich zu dem, was er damit eintauschte. Manchmal wünschte er sich
ein einfaches, ortsgebundenes Leben, mit Haus, Familienauto, Frau und
Kinder, Vorgarten, Rasen schneiden, Barbecue mit Freunden an Wochenenden,
ein banales, unspektakuläres Leben. Morgens mit dem Auto zur Arbeit und
nachmittags zurück zur Familie. Seid Mutter gestorben ist, sitzt Vater nur
noch hinter dem Schreibtisch..., vielleicht sollte ich mich in den
Innendienst versetzen lassen, da gibt es ein paar Frauen, bei denen ich
nicht nein sagen würde..., irgendwann muss ich Vaters Firma weiter
führen..., sinnierte er.
Aber er war darauf trainiert, Geschäftsabschlüsse in trockene Tücher zu
verhelfen, und das ging oft nur vor Ort. Gerade, wenn es sich um
Millionenaufträge handelte. Dan versuchte sein Leben zu positionieren.
Nächste Woche bin ich wieder in New York, ich muss mit Vater Auge in Auge
reden..., dann nach Seoul. Ich brauche Zeit für mich, Luft, dachte er.
Nach den Gesprächen in Seoul könnte ich für eine Woche dort bleiben...,
könnte mit Chung sprechen, vielleicht werden wir was zusammen unternehmen,
er wollte mir immer schon sein Boot zeigen..., oder fliege ich nach hause
zurück..., würde gerne wieder einmal in meinem eigenen Bett schlafen...,
scheiße...
Er drehte das Wasser ab, schnappte sich das Badetuch, stellte sich vor den
Spiegel und trocknete sich ab. Einen Moment betrachtete er sich
gedankenverloren im Spiegel, als würde er einen Fremden anblicken, über
den er dennoch intime Details wusste.
Bin ich für andere nur ein Verhandlungspartner oder nimmt man mich auch
als Mensch wahr, wer bin ich eigentlich für mich..., schoss es ihm
plötzlich durch den Kopf. Er verdrängte den Gedanken sofort wieder und
rubbelte sich mit dem Badetuch über die Haare.
Dan kremte sich mit einer Bodylotion ein, zog den Bademantel über, föhnte
sich seine dunkelblonden Haare trocken, schlüpfte in seine Slipper und
betrachtete seine Fingernägel. Er schob die Schiebetür auf und verließ das
Bad.
Dan blieb verdutzt stehen, als er sie sah, mit dem Rücken zu ihm gewandt,
aus dem Fenster in die dunkle Nacht schauend, die bunten Lichter der Stadt
betrachtend. Er erkannte sie sofort. Es war Noriko.
Warum war sie noch hier, hatte sie hier so lange gewartet, musste sie
nicht in ihrer Bar sein, hinter ihrem Tresen, weshalb brachte gerade sie
ihm seine Bestellung, sie war nicht der Zimmerservice, oder gehörte es zu
ihren Aufgaben, wartete sie auf ein Trinkgeld, nein, sicher nicht, in
Japan war es unüblich, gar eine Beleidigung, Trinkgeld zu geben und schon
gar nicht in einer solchen Situation, während der Gast unter der Dusche
steht, schoss es Dan in wenigen Sekunden durch den Kopf.
„Hallo," meinte Dan, anstatt eines, „Warum sind sie noch hier?!" Ihm
gelang in diesem Moment kein geeigneterer Satz, keine sinnvoll angemessene
Äußerung als diese, in seiner Banalität und Einfallslosigkeit
unübertroffene, unspektakuläre, Gesprächseröffnung.
Es war wohl eher gedacht als ein, „Hallo sie, ich stehe im gleichen Raum,
bin jetzt bei ihnen, hinter ihnen, nimm mich wahr." Ein befremdlich
unangenehmes balancieren, zwischen neugieriger Erwartung und freudiger
Anspannung mit ungewissem Ausgang, das gleichzeitige Gefühl von „bitte
gehen sie" und „bitte bleiben sie."
„Da für mich jetzt Dienstende ist, habe ich dem Zimmerservice mitgeteilt,
dass ich ihre Bestellung persönlich serviere. Es war Zufall, dass sie es
sind, aber es ist kein Zufall, dass ich es bin. Daher bin ich hier,"
antwortete Noriko ohne sich umzudrehen.
„Danke..." antwortete Dan und strich mit den Händen über sein Haar.
„Von hier oben hat man einen guten Überblick, über die Stadt, die Lichter,
und am Abend, wenn man zur Ruhe kommt, sieht man manche Dinge klarer als
bei Tageslicht, finden sie nicht auch."
Norikos Gesicht spiegelte sich im Fensterglas und Dan hatte den Eindruck,
als schaute sie ihn an.
„Ja, das ist wohl so," meinte Dan vorsichtig, ging zum Fernseher und
stellte ihn leiser.
„Sie reisen viel, nicht wahr."
„Ja, ich bin viel unterwegs, geschäftlich."
„Ich begegne vielen Menschen wie ihnen in der Bar. Ein Kommen und ein
Gehen, für kurze Zeit sind sie da, und alle sprechen über die Zeit, dass
sie keine haben. Dabei ist das Leben zu kurz, um keine Zeit zu haben,
finden sie nicht auch."
„Die Frage ist, womit man seine Zeit verbringt," antwortete Dan.
„Immer dann, wenn man Zeit für sich hat, sucht man sie sinnvoll zu nutzen.
Ist das nicht seltsam. Ist man sehr beschäftigt, wünscht man sich mehr
Zeit, um für sich Zeit zu haben, hat man mehr Zeit, sucht man nach Sinn.
Mir geht es jedenfalls so. Und ihnen?, stellte Noriko fest.
Habe ich unter der Dusche vielleicht zu laut gedacht, kam es Dan in den
Sinn.
„Es geht vielen Menschen so... mir geht es manchmal nicht anders,"
erwiderte Dan offen.
„Sie bleiben bis Montag Mittag in Osaka," stellte Noriko fest, intonierte
den Satz jedoch wie eine Frage, obwohl sie seinen Checkout aus dem
Computer kannte.
„Ja."
„Kennen sie Osaka."
„Ein wenig."
„Das Wochenende verbringen sie allein?"
„Ja, ich habe mir nichts vorgenommen."
„Am Wochenende habe ich keinen Dienst. Wir hätten Zeit füreinander,"
erklärte Noriko und drehte sich nun zu Dan um.
Sie schaute ihm ins Gesicht.
„Ist das ein Angebot für eine Stadtführung," meinte Dan und lächelte.
„Ich möchte ihnen ein wenig meiner Zeit schenken."
„Machen sie das öfter, fremden Hotelgästen ihre Zeit schenken."
„Nein, sie sind der erste, es könnte mich meine Arbeit hier im Hotel
kosten. Es ist nicht ganz uneigennützig und ihnen erscheint es fremd, das
verstehe ich."
„Was erwarten sie."
„Gemeinsamkeiten. Für eine kurze, überschaubare Zeit."
„Und, wie könnten die aussehen," fragte Dan neugierig.
„Nähe."
„Nähe," wiederholte Dan fragend.
„Ich kenne sie nicht, sie kennen mich nicht, und doch nähern sich unsere
Gedanken in manchen Dingen. Wenn sie wollen, können wir Zeit damit
verbringen, uns intensiver einander anzunähern, so nahe, wie wir wollen.
Macht das Sinn für sie?"
„Sie denken an mehr als eine Stadtbesichtigung."
„Ich denke, was sie denken," antwortete Noriko.
„Sie wissen, was ich denke," fragte Dan neugierig.
„Durch den Ausdruck in ihrem Gesicht, wenn sie mich beobachten."
„Ist es ihnen unangenehm, bin ich ihnen in irgendeiner Form zu nahe
getreten," fragte Dan entschuldigend.
„Wenn „sie" mich ansehen, ist es mir nicht unangenehm zu wissen, was sie
denken. Ich stimme mit ihnen darin überein. Ich denke, wir sollten Zeit
miteinander verbringen," resümierte Noriko betonend.
Dan stand immer noch neben dem Fernseher, der ein stummes, kaltes, grell
flackerndes Licht in das halbdunkle Zimmer warf, als würde sie neben einer
defekten, nervös zuckenden Neonröhre stehen.
„Ich werde ihre Erwartungen erfüllen, um damit auch meine Gedanken
Wirklichkeit werden zu lassen, fuhr sie fort. Es wäre ein freiwilliges
Geben und Nehmen. Wir könnten unsere Wünsche, Erwartungen und
Vorstellungen durch den anderen Wirklichkeit werden lassen."
„An was dachten sie dabei," fragte Dan.
„Ich werde offen zu ihnen sein. Nur so kann es funktionieren. Ich wünsche
mir das auch von ihnen. Es ist kein blindes Vertrauen meinerseits, denn
ein gewisse Unwägbarkeit gehört immer dazu. Dieses Vertrauen ist nicht
inszeniert. Das ist das wirkliche daran. Alles andere fügt sich mehr oder
minder. Wir könnten es für uns ändern, ich wäre bereit dazu."
Das ist mir ein wenig zu hoch, dachte Dan, wurde aber zunehmend
neugieriger. Von dieser Frau ging ein besonderer Reiz aus.
„Was könnten wir beide füreinander ändern," nahm Dan Norikos Gedanken
fragend auf.
„Wir sind uns nie begegnet und doch sind wir uns nicht fremd. Als sie in
der Bar saßen und mich anschauten, habe ich mich gefragt, als was sie mich
wahrgenommen haben, ob sie sich auf ihrem Zimmer bei dem Gedanken an mich
befriedigen werden. Ich versuchte mir vorzustellen, woran sie dabei denken
würden. In welcher Situation sie sich mit mir in ihren Gedanken dabei
befänden.
Ich behaupte nicht, dass sie es machen. Ich habe mir nur vorgestellt, es
könnte so sein."
Dan spürte einen Klos im Hals. Das ist der Hammer, dachte er.
„Ich würde gerne sehen, was sie denken, wenn sie sich vorstellen wie ich
nackt aussehe, setzte Noriko hinzu."
Dan schaute ungläubig in ihr Gesicht.
„In der Bar haben sie sich vorgestellt wie ich nackt aussehe, nicht wahr.
Ich bin angezogen keine andere Noriko. Es verändert mich nicht. Es
verändert nur sie in Gedanken an mich."
Einen Moment herrschte Stille.
„Ich denke, ich gefalle ihnen. Als sie mich in der Hotelbar beobachtet
haben, fühlte ich keinerlei Distanz zwischen ihrer Neugier und meinem
Bedürfnis nach ihrer Nähe, nahm Noriko das Gespräch wieder auf. Sie
gehören zu den Menschen, deren Nähe ich ohne Einschränkung für mich
akzeptiere."
„Ich bin ihnen also sympathisch," fragte Dan. Es klang ein wenig
vorwurfsvoll, war aber eher unbewusst so eingefärbt.
„Wenn sie es so nennen wollen," antwortete Noriko.
Jede andere Person hätte sich und ihr Handeln in diesem Moment in Frage
gestellt, wäre in ihrem Vorgehen nun unsicher geworden. Nicht so Noriko.
Sie setzte in diesem Moment zwar alles auf einer Karte, ihr war aber
gleichzeitig klar, dass dieser Mann nicht nein sagen konnte. Er hätte sich
sicher beim Management über sie beschweren können, über ihren
ungebührlichen Auftritt. Es hätte für sie schwere Konsequenzen gehabt.
Aber dieser Mann würde es nicht tun. Das wusste sie. Er war nicht anders
als sie. Ihm musste klar sein, dass sie ehrlich zu ihm war.
Dan wusste Noriko nicht einzuordnen. Sie wirkte nicht wie eine Frau die
sich anbiedern wollte, die mit ihren Reizen spielte, nur um etwas völlig
anderes zu erreichen, als sie vorgab. Sie war nicht hier, um sich ihm
anzubieten, jedenfalls nicht so, wie es in diesem Moment zu erwarten
gewesen wäre. Sie war keine von diesen Frauen, sie war anders. Sie wollte
etwas anderes.
„Ich muss gehen, sie sehen mich morgen, in der Bar, wenn sie zustimmen,
werden wir uns treffen," meinte Noriko. Sie wünschte eine gute Nacht und
verließ Dans Zimmer.
Donnerstag:
Dan nutzte den freien Tag, um seine restlichen Posten an Arbeit in Ordnung
zu bringen, E-Mails zu verschicken und Notizen zu machen.
Dan verbrachte den Rest des Tages im Hoteleigenen Wellnessbereich, am Pool
und im Fitnessraum.
Es galt Zeit sinnvoll zu nutzen, war aber wie immer nur ein totschlagen
von Zeitüberhang zwischen Terminen, grüne Marken in seinem Terminplaner,
die zu einem leeren Fenster auf sprangen, wenn er mit seiner Maus darauf
klickte.
Nach dem Abendessen gesellte sich Dan erwartungsvoll zu den Gästen in der
Hotelbar. Den ganzen Tag über hatte er an die Begegnung, an das Gespräch
mit Noriko denken müssen. Ihr Gesicht projizierte sich in diesen Momenten
unverhofft wie ein Flash back in seine Gedanken.
Dan saß an der Theke, bestellte ein Wasser und beobachtete Noriko beim
Bedienen der Gäste. Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, zu sehen, wie
sie anderen, fremden Menschen gegenüber trat, ihnen freundlich Getränke
oder Speisen servierte, ohne das diese ahnten, wie außergewöhnlich diese
Frau doch war. Das ständige Wiederholen ihrer Tätigkeit, ihres Handelns,
ihres Auftretens, im Verhalten gegenüber den Gästen, ihrer Arbeit an sich,
war nur eine Fassade, eine Maske, eine Rolle. Das wurde ihm jetzt klar.
Wir alle haben unsere Rollen, kam es Dan in den Sinn.
Noriko kam zurück hinter die Bar und begann einen Cocktail zu mixen. Sie
war in ihre Arbeit vertieft, konzentrierte sich gewissenhaft auf das, was
sie gerade tat, ohne das ihre Aufmerksamkeit für die Gäste darunter litt.
Dan saß ihr gegenüber und beobachtete sie. Er sah in ihr Gesicht, schaute
ihren flinken, zarten, Händen bei der Zubereitung der Cocktails zu.
Noriko warf Dan einen Blick über ihre Brille hinweg zu. In ihrem Gesicht
regte sich kein Anzeichen eines Gefühls, das Dan hätte deuten können.
Dan fragte sich, wie es wohl in Noriko aussah.
Ein Gespräch mit ihr, in dem er herausfinden konnte, was sie dachte, wie
sie fühlte, hier an diesem Ort, während ihrer Arbeit, in diesem Umfeld,
war schlechthin nicht möglich. Eine oberflächliche, nichtssagende
Konversation zwischen ihnen erschien ihm unangebracht, ja fast schon
absonderlich. Dan war kein Mann, der Smalltalk mochte, oder sonderlich gut
beherrschte.
Er wollte sie näher kennen lernen, aber nicht hier. Dan entschloss, sich
dieser Situation zunächst zu entziehen. Er bat Noriko um die Rechnung. Sie
zog den Kassenbon aus der Registrierkasse, schrieb mit einem Kuli etwas
darauf und reichte ihn Dan herüber. Dan zahlte und verließ die Bar. Er
schaute auf die Rückseite des Kassenbon:
Morgen 16:00 Uhr, Taxistand gegenüber.
Freitag :
Ein Taxi hielt neben Dan. Noriko winkte ihn heran und bat ihn
einzusteigen.
Dan setzte sich neben sie. Noriko gab dem Fahrer auf japanisch Anweisung
die Fahrt fort zu setzten.
Sie trug enge Jeans, ein himmelblaues, tailliertes T-Shirt, welches ihre
kleinen Brüste umschmiegte und modische Turnschuhe. Ihre langen Haare trug
sie offen. Sie lagen um ihre Schultern wie ein schwarzes Seidentuch. Ein
ungewohnter Anblick für Dan, der sie sonst nur in ihrer förmlichen
Arbeitskleidung kannte.
„Wo beginnt die Stadtführung," fragte Dan und schmunzelte.
„Bei mir. Es ist nicht weit, nur ein paar Straßen."
Noriko schaute aus dem Fenster und verzog keine Miene. Ihre Hände lagen
ruhig auf ihren Oberschenkeln.
Dan betrachtete ihre Hände, ihre Finger. Sie waren gepflegt, wie alles an
ihr. Eine moderne, junge Frau, dachte er.
„Ich habe das Wochenende für uns vorbereitet, etwas besorgt, nahm sie das
Gespräch wieder auf.
„Haben sie noch etwas zu tun in der Stadt, geschäftliches," fragte Noriko.
Nein, ich habe gestern einiges schriftlich abgearbeitet. Den Rest mache
ich im Flugzeug, so habe ich Zeit für Sinnhaftes," erwiderte Dan
plakativ."
„Es währe schön, wenn sie dieses Wochenende bei mir bleiben könnten. Ich
denke wir können einander vertrauen und die Zeit bevor sie abreisen
intensiver nutzen. Ich glaube, es wird interessant für uns beide. Für mich
ist es etwas besonderes. Ich hoffe, es stört sie nicht, dass ich so offen
mit ihnen spreche. Es macht mich neugierig zu sehen, wie unser Handeln
neue, ungeahnte Gefühle in uns weckt, und ich denke, dass wir damit nicht
unwürdig Handeln. Ich hoffe, ich drücke mich für sie verständlich aus.
Wenn nicht, dann werden sie mein Verhalten später einmal verstehen. Ich
werde andererseits ihre Gefühle, ihr Handeln erst verstehen, wenn sie mich
verstanden habe."
Für Dan sprach Noriko in Rätseln.
„Ich bin gespannt," meinte Dan kurz.
„Auch ich lasse mich auf etwas ungewisses ein, und es ist für mich nicht
immer klar, warum ich es in solchen Augenblicken tue, setzte sie hinzu.
Wir werden uns nie wieder sehen und doch bleiben wir einander über die
Zeit hinaus verbunden. Ich fordere von ihnen nichts. Es ist das, was ich
ihnen sein kann, was ich mir für uns erhoffe. Ist es ihnen recht?"
Dan fühlte sich überfordert für sich selbst eine klare, logische Antwort
zu geben. Zu sehr war er damit beschäftigt sich ein Bild von Noriko zu
machen. Was wollte sie genau von ihm. Dan hatte keine grundsätzlichen
Bedenken oder ein ungutes Gefühl, im Gegenteil, er war neugierig auf das,
was ihn erwartete, auf das, was er in ihrer Person vorfinden würde. Sie
war eine hübsche, interessante, junge Frau mit einer eigenwilligen Logik.
Er stimmte schließlich zu.
Das Taxi hielt vor einem Wohnblock am Rande der City.
Sie betraten den Eingang. Noriko steuerte auf den Fahrstuhl zu.
Die Türen schlossen sich.
Dan betrachtete sie nun intensiver. Schon in der Hotelbar und auf seinem
Zimmer hatte er sich einen ersten Eindruck machen können. Nun aber hatte
sich die Situation geändert. Er hatte das Gefühl, es offener tun zu
können, zu dürfen. Hätte Noriko es bemerkt, wäre es nicht mehr impertinent
gewesen.
Er mochte Frauen, die grazil und schlank waren, eher zerbrechlich wirkten.
Sie hatte einen runden, kleinen Hintern, den die enge Jeans perfekt
umspannte. Warum fahren so viele Männer auf Frauen mit großen Brüsten ab,
dachte Dan. Er mochte es nicht, wenn Frauen eine zu große Oberweite
hatten, und er hatte absolut kein Verständnis dafür, dass manche Frauen
ihre Brüste aus rein modischen Gründen vergrößern ließen, obwohl kein
medizinischer Bedarf vorhanden war. Norikos Brüste waren für Dan perfekt.
Nicht zu klein, nicht zu groß, eine Handvoll, wie er immer sagte. Für eine
Japanerin war sie recht groß, aber immer noch einen Kopf kleiner als er.
Er stand zwar auf blonde Frauen, insbesondere naturblond, aber Norikos
rabenschwarze Haare waren eine Augenweide. Er hatte einmal im Flugzeug
einen Bericht in einer der Illustrierten gelesen, in der darüber
berichtete wurde, dass sich asiatisches Frauenhaar auf Grund seiner
Beschaffenheit bestens dazu eignet Haarteile, Perücken und dergleichen
herzustellen. Ja, das indische Frauen sogar ihr langes Haar verkaufen, um
ein wenig Geld damit zu verdienen. Eine ganze Industrie lebte davon.
Bei dem Gedanken, dass Noriko auf den Gedanken kommen könnte ihr Haar zu
verkaufen, hätte Dan es zu verhindern gewusst. Norikos Haar war etwas
besonderes an ihr.
Dan hatte sich einmal Gedanken darüber gemacht, woran es wohl lag, dass
Männer so unterschiedlichen Geschmack bei Frauen hatten. Jeder Topf findet
einen Deckel, dachte er oft, wenn er Paare beobachtete, die so
unterschiedlich waren wie sie es nur sein konnten. Lag es an den Genen, an
der sozialen Prägung, an der Erziehung, an der Kultur. Er hatte Männer
kennen gelernt, die mochten eher korpulente Frauen. In manchen
afrikanischen Ländern ist es sogar ein Schönheitsideal, oder gar Ausdruck
von Gesundheit und Wohlergehen, eine dicke Frau zu haben. In der
europäischen Kultur ist es eher anders.
Es ist letztlich ein Signal an die Männer, die auf der Suche nach
Familienplanung sind. Es liegt wohl an der Kultur, an den Idealen einer
Gesellschaft, resümierte Dan.
Noriko traf jedenfalls seinen Geschmack. Warum ihm diese Gedanken wie
Blitze durch den Kopf gingen war ihm schleierhaft.
Jedenfalls ist sie für mich hübsch, besonders hübsch sogar, dachte er.
Ihre Wohnung lag im dreizehnten Stockwerk eines Hochhauses am Rande der
Stadt. Von dort hatte man einen grandiosen Blick über die Stadt, hinaus
auf das Meer, das in der Ferne wie ein öliges Stahlblech schimmerte.
Noriko stellte ihre und Dans Schuhe auf ein kleines, hölzernes Gestell in
einer kleinen Diele.
„Geben sie mir bitte ihr Overnight bag.
Dan reichte ihn ihr. Nehmen sie sich etwas zu trinken aus dem Kühlschrank.
Ich werde uns etwas zu essen machen, wenn sich möchten," sagte Noriko,
warf ihre Tasche auf einen Stuhl, öffnete eine Schiebetür und verschwand
in einen Nebenraum, den Dan als ihr Schlafzimmer identifizierte.
Die kleine Wohnung bestand im Prinzip aus durch Raumteiler abgeteilte
Wohnbereiche, einem separatem Schlafzimmer, Badezimmer, einer kleinen
Küche, deren Esstheke an den Wohnbereich grenzte, einer kleinen Sitzecke
mit Couch und Tisch und einem recht kleinen, überschaubaren Bereich den
Noriko anscheinend als Büro nutzte. Ein Bücherregal diente als Raumteiler,
hinter dem sich ein Schreibtisch mit Ablagen, ein Laptop und allerlei
sonstiger Bürokram befand. Alles auf engstem Raum, perfekt ausgenutzt.
Japaner sind Perfektionisten, das war sicher.
Eine typische Apartmentwohnung in einer Millionenmetropole. Alles erschien
ihm hier kleiner, nicht nur die Menschen. Aber es musste wohl so sein.
Kleine Insel, viele Menschen, wenig Raum.
Dan blieb vor einer großen, japanischen Kalligraphie stehen, die in einem
Bilderrahmen an der Wand hing.
„Ich habe die Klimaanlage etwas herunter gestellt, ich hoffe, es wird
ihnen nicht zu warm," hörte er Noriko aus dem Schlafzimmer fragen.
Sie dreht die Klimaanlage im Schlafzimmer herunter, die Frau kommt ja
schnell zur Sache, dachte Dan.
„Nein, so ist es angenehm," erwiderte er.
Noriko kam aus dem Schlafzimmer zurück.
„Haben sie Familie, eine Frau oder Freundin," fragte Noriko.
„Nein, meine berufliche Tätigkeit erlaubt es mir zur Zeit nicht, und wie
ist es bei ihnen, Noriko," antwortete er förmlich.
„Nein, ich bin neben der Arbeit zu sehr mit meinem Studium beschäftigt.
Ich hatte vor einem Jahr einen Freund, ein Kommilitone. Es lief nicht
lange."
„Was studieren sie?"
„Anglistik und Wirtschaftswissenschaft."
„Daher das perfekte Englisch."
Noriko lächelte.
„Wohin schauen sie bei einer Frau zuerst, worauf fällt ihr Blick fragte
Noriko unerwartet. Auf ihr Gesicht, ihre Haare, ihre Oberweite, auf ihren
Hintern, oder auf ihre Beine?"
Dan war von Norikos Direktheit überrascht, verlor aber gewöhnlich nie die
Kontrolle in einem Gespräch.
„Hängt von der Situation ab. Wenn sie mir gegenüber steht, schaue ich ihr
in die Augen."
„Das meine ich nicht, antwortete Noriko. Ich meine es im Sinne von
erotischem Interesse."
„Diesbezüglich schaue ich bei sich bietender Gelegenheit gezielt auf ihre
Hände, das tue ich bewusst. Unbewusst sicher auf ihre Oberweite oder auf
ihren Hintern," meinte Dan lächelnd.
„Hände können sehr erotisch sein, bestätigte Noriko. Es ist schon wichtig
zu wissen, wie die Hände beschaffen sind, mit denen man berührt wird."
„Und, wie ist das bei ihnen, worauf achten sie bei Männern," fragte Dan.
„Für mich haben europäische Männer etwas exotisches... aber das haben sie
ja nicht gefragt... aber es hat etwas damit zu tun. Ich schaue auf ihre
Haare, auf ihre Haarfarbe, um genau zu sein, achte ich darauf, ob sie
gefärbt oder naturfarben sind. Ich stelle mir dann ihre Körperbehaarung
vor. Ich mag an Männern blonde Schambehaarung. Bei asiatischen Männern
findet man das nicht. Natürlich ist das nur ein Detail. Es macht nicht den
ganzen Menschen aus, aber das ist nun mal mein erotischer Fokus, was das
optische angeht. Einen knackigen Hintern finde ich an Männern ebenso
erotisch," fügte sie noch an.
Noriko öffnete den Gürtel ihrer Jeans, zog sie langsam nach unten, ließ
sie auf den Boden fallen, stieg mit den Füßen heraus und legte sie über
einen Stuhl. Sie tat das mit einer Anmut, die Dan nervös machte. Sie trug
einen schwarzen Slip, der fast durchsichtig war und an den Rändern mit
einem Blumenmuster bestickt war. In ihrem Schritt war er transparent. Er
musterte ihre karamelbraune Haut, ihre schlanken Beine und die schmalen
Fesseln ihrer Füße. Sie schaute ihn an.
„Finden sie mich hübsch," meinte sie und legte ihre Hände auf ihre
Oberschenkel und schaute an sich herab.
Hübsch, wiederholte Dan in Gedanken, nein, du bist schön.
„Ja, sehr," antwortete Dan.
Sie fasste den Saum ihres T-Shirts und zog es nach oben über ihren Kopf
und legte es beiseite.
Dan hatte einen Klos im Hals.
Das glaube ich einfach nicht, dachte er. Was für ein... verführerischer
Anblick...
Sie griff seitlich an den Slip und zog ihn über ihre Schenkel, stieg
heraus, warf ihn auf den Stuhl und ging in Richtung Küche. Dan schaute
verdutzt und bemerkte, mit welcher Unbedarftheit sie sich vor ihm benahm.
Dan musterte die Silhouette ihres Körpers.
Noriko öffnete den Kühlschrank und nahm eine Flasche Cola heraus. Sie
stand mit dem Rücken zu ihm. Ihre schwarzen Haare fielen ihr über den
Rücken bis zum Ansatz ihres festen Pos. Ihr Becken war ein wenig
ausladend, so dass ein kleiner, schmaler Spalt zwischen ihren
Oberschenkeln entstand, durch den er die kleinen, schwarzen Haare an ihrer
Scham sehen konnte. Ein paar kleine dunkle Muttermale vielen ihm sofort
auf, die sich auf Norikos nahtlos braunen Haut verteilten wie kleine,
schwarze, vom Wind getriebene Steinchen auf einer Wüstendüne. Norikos
nackter Körper war eine Augenweide.
„Alle Frauenkleider sind nur Variationen des ewigen Streites zwischen dem
eingestandenen Wunsch, sich zu kleiden, und dem uneingestandenen Wunsch,
sich zu entkleiden," sagte Noriko und hob ihren Kopf in Richtung
Kalligraphie. Dan schaute irritiert.
„Das steht dort geschrieben, ist von Laotse, erklärte Noriko.
Möchten sie Cola, oder lieber etwas anderes, ein Bier vielleicht?"
„Cola ist schon in Ordnung," meinte Dan. Sein Blick haftete an Noriko.
Noriko goss die Cola in zwei Gläser und servierte sie auf der Esstheke der
kleinen Küche.
Dan setzte sich auf einen Hocker davor.
Dans Blick wanderte an ihr herunter, über ihr länglich, ovales Gesicht,
welches durch die schwarzen Haaren eingerahmt wurde, über die von ihrer
Brille eingefassten dunklen Augen, über ihre Schultern zu den flachen
Brüsten hinab, über ihren Bauchnabel bis zu ihrer dunkel behaarten Scham.
„Haben sie Hunger, darf ich ihnen etwas zu essen anbieten?"
„Nein danke, im Moment nicht."
„Ich werde meine Schamhaare für sie entfernen, wenn sie möchten."
Dan erschrak innerlich. Noriko hatte seinen Blick verfolgt. Sie nahm einen
Schluck aus ihrem Glas.
„Sie sind schwarz wie dieses Getränk nicht wahr," konstatierte Noriko wie
selbstverständlich.
Ihre Stimme hatte etwas sonores, gleich klingendes, professionelles, wie
bei einer Vorlesung. Dan brauchte einen Moment, um sich zu fassen. Bevor
er antworten konnte sprach Noriko im gleichen Tonfall weiter.
„Manchmal, wenn ich in der Bar Cocktails zubereite, frage ich mich, ob das
Lieblingsgetränk eines Gastes etwas mit seinem Geschlecht zu tun hat. Ich
meine, ob es etwas damit zu tun hat, dass gerader eine Frau oder ein Mann
es zu sich nimmt. Es klingt verrückt, aber ich finde, es ist ganz normal
sich so etwas zu fragen. Das, was wir für unsere Leben bevorzugen, hat
etwas mit unserem Charakter, unserem Bewusstsein zu tun, oder etwa nicht.
Das gilt doch insbesondere auch für unseren Körper. Wenn ich das Parfüm
einer Frau rieche, die mir an der Theke gegenüber steht, sich mit jemandem
unterhält, dann frage ich mich manchmal, warum sie dieses Parfüm bevorzugt
und ob diese Frau an ihrem ganzen Körper so riecht, an ihren Armen,
Beinen, Brüsten, oder an ihrer Scham. Und ich frage mich, ob ihr
Gesprächspartner, gleichgültig ob Mann oder Frau, ähnliche Gedanken durch
den Kopf gehen könnten, und sei es auch nur für einen Moment. Ich versuche
dann in ihren Blicken zu lesen. Ich denke, wenn wir Menschen unser
Innerstes, unsere Sehnsüchte, unser Verlangen, unsere Begierden einander
mitteilen würden, dann würden wir feststellen, dass wir gar nicht so
verschieden sind, wie wir immer behaupten. Aber das tun wir nicht, denn
dann wären wir gewissermaßen schutzlos, angreifbar, nackt wie ich es jetzt
bin. Davor haben viele Angst."
Noriko nahm einen kräftigen Schluck aus ihrem Glas.
„Ich war heute morgen schon einkaufen, fuhr sie fort, ich mag es nicht in
der Mittagshitze durch die Stadt zu laufen. Daher war ich schon früh
unterwegs."
Dan hörte interessiert zu und war von Norikos Ausführungen überrascht und
fasziniert zugleich. Nicht nur darüber, wie offen sie zu ihm sprach,
sondern insbesondere darüber, wie sie es sagte.
Gleichsam fragte er sich, was ihr wohl an ihm aufgefallen sein mochte,
dass sie ihn zu sich nach Hause nahm, denn an seinen dunkelblonden Haaren
allein konnte es nicht liegen. Offensichtlich, so nahm Dan an, war dies
hier nicht die Wohnung einer Edelprostituierten, wenngleich er noch nie in
einer solchen gewesen war.
„Ich habe mir einen neuen BH und einen passenden Slip gekauft, und für sie
enge Shorts."
Noriko ging in den Wohnbereich und holte eine Einkaufstüte hervor, die auf
einem Korbstuhl lag.
„Sie sind aus sehr dünnem, durchsichtigem Stoff gefertigt. Ich werde die
Sachen tragen während sie hier sind. Ich fühle mich dann zwar angezogen,
dennoch können sie trotzdem alles an meinem Körper sehen. Ich dachte mir,
es würde sie erregen, wenn sie meine Schamhaare oder meine Brüste durch
den dünnen Stoff durchscheinen sehen."
Dan hörte Noriko kommentarlos zu. Noriko schien es nicht zu stören, dass
Dan keinen Laut von sich gab.
Sie zog die Dessous über.
Tatsächlich konnte Dan mehr als nur die Konturen ihrer Brüste und ihrer
Vulva erkennen.
„Sehen sie, selbst meine Nippel und der Vorhof um sie herum scheinen durch
den Stoff, meinte Noriko und schaute auf ihre Brüste. So bin ich gekleidet
doch unbekleidet. Wenn sie wollen, dann werde ich meine Schamhaare
entfernen, so dass sie meine Scheide besser sehen können, sie müssen es
nur sagen."
Noriko zog demonstrativ den Slip höher in ihren Schritt, so dass sich der
dünne, mit feinen Stickereien verzierte Stoff weiter straffte und sich eng
um ihre Vulva legte. Das schwarze Dreieck zwischen ihren Schenkeln trat
deutlich hervor.
„Wenn die Haare fehlen, dann werden auch meine Schamlippen deutlicher
hervortreten, aber ich überlasse die Entscheidung ihnen," erklärte sie und
schaute Dan an.
„Ich finde es schöner ohne Haare, die meisten Frauen in Europa..."
Noriko viel ihm ins Wort.
„Ich kenne die Vorlieben und die Mode der Europäer, mir ist wichtig, was
„sie" wollen. Ich werde die Haare entfernen, es ist kein Problem, sie
müssen sich nicht erklären. Ich möchte, dass sie ihre Wünsche frei äußern
und mich wissen lassen, was ihnen gefällt, was sie für sich selbst
erwarten... und ich möchte, dass das gleiche auch für mich gilt. Wenn wir
uns auf diese Weise finden, werden wir der gemeinsamen Zeit besonderes
abgewinnen."
„Ich verstehe, was sie meinen, Noriko," antwortete Dan, um Noriko
zufrieden zu stellen.
Zum ersten Mal lächelte sie.
„Ich habe auch etwas für sie. Ich hoffe, es gefällt ihnen so wie mir. Es
sind Shorts. Bitte tragen sie sie für mich."
Noriko ging ins Schlafzimmer und kam ein paar Sekunden später mit den
Shorts zurück.
„Bitte ziehen sie sie an."
Es wurde ernst. Dan hatte die Wahl. Oft stand er bei Vertragsverhandlungen
vor unvorhersehbaren Konzessionen, die der zukünftige Vertragspartner
plötzlich von ihm verlangte, über die er im selben Moment zu entscheiden
hatte, wollte er ein Geschäft abschließen oder nicht. Zugeständnisse, für
die er Rede und Antwort stehen musste, ging es doch immer um viel Geld.
Ja, er hatte Spielraum, aber man erwartete Erfolge. Vater ließ
diesbezüglich nicht mit sich reden.
Er konnte dieser Reise, diesem Wochenendtrip jederzeit ein Ende setzten.
Er musste sich entscheiden, kalkulieren zwischen Wagnis und Gewinn,
bleiben oder gehen. Er hatte sich bereits entschieden. Eine Konzession an
mein Leben und es geht um nichts, dachte er.
Das Spiel lief. Es gab keinen Einsatz. Dan fühlte sich erleichtert.
Noriko öffnete die Knöpfe an seinem weißen Hemd und zog den Stoff aus
seiner Hose. Dan warf es auf die kleine Couch.
Noriko machte einen Schritt zurück während Dan sich weiter entkleidete.
Noriko schaute Dan dabei zu und musterte seinen Körper, wie er es zuvor
bei ihr getan hatte. Schließlich zog er die engen Shorts über, die aus
seidig dünnem, durchscheinenden Stoff gefertigt und eine Nummer zu klein
für ihn waren.
„Sie sind genau richtig, sie sollen eng anliegen, meinte Noriko. Das
besondere an ihnen ist, sie haben vorne einen Eingriff den man mit einem
kleinen Schnürband verschließen kann, wie bei einem Schmucksäckchen. Ich
finde es sehr schön, wenn sich ihr Geschlechtsteil unter dem engen Stoff
abzeichnet, ihr Penis und ihr Hodensack. Ihr Geschlechtsteil ist um
einiges größer als die, die ich von japanischen Männern gewohnt bin. Aber
halten sie mich nicht für eine Hure, dass bin ich nicht. Ich weiß nur um
die Unterschiede. Es ist eine allgemein bekannte Tatsache, dass asiatische
Männer gewöhnlich kleinere Geschlechtsteile haben, als das bei Europäern
der Fall ist, es ist nur eine unbedeutende Tatsache."
„Sie müssen sich nicht vor mir erklären," meinte Dan mit einem Lächeln.
Noriko musste herzlich lachen.
Dan verlor seine Anspannung allmählich.
Noriko wirkte natürlich, unangepasst und ehrlich.
„Sie haben recht. Wir müssen uns voreinander nicht erklären."
Es ist aufregend etwas zu sehen, was wir im Grunde vor anderen verdecken
wollen. Den Vorhang gelüftet zu sehen, obwohl er noch vor wenigen Minuten
vor unseren Augen schwebte," erklärte Dan in der Hoffnung, Norikos
Inszenierung richtig zu interpretieren.
„Ja, Geräusche aus der Ferne, Gerüche, Geschmack und Blicke richtig zu
deuten und ein Bild in unserem Kopf zu zeichnen, welches unseren Wünschen
entspricht und Wirklichkeit wird, die nervöse Erwartung auf das was kommt
und unsere Hoffnung vielleicht bestätigt, sinnierte Noriko und wirkte in
einen Moment gedankenverloren. In der Hotelbar habe ich mir vorgestellt,
wie sie in solchen Shorts aussehen mögen."
Schließlich blickte sie wieder auf Dans Kostümierung. Sie betrachtete das
Ergebnis und wirkte zufrieden.
„Legen sie ihren Penis etwas zur Seite, damit ich ihn besser sehen kann."
Dan griff in die Shorts und dirigierte seinen Penis so, dass er auf einer
Seite lag. Noriko trat einen Schritt zurück und musterte Dans Körper.
„Sie sind ein gut aussehender Mann, und ihre Männlichkeit ist für mich
sehr erregend."
Dan merkte wie sein Penis leicht anschwoll und sich in den engen Shorts
mühen musste, sich genügend Platz zu verschaffen. Sein Geschlechtsteil
trat deutlich hervor. Der feine, seidige Stoff legte sich konturierend um
Dans Genitalien.
„Es muss ihnen nicht peinlich sein, dass ihr Schwanz hart wird, es ist für
mich eine Bestätigung."
Noriko trat nahe an Dan heran, stellte sich auf die Zehenspitzen und
küsste ihn sanft auf die Wange.
„Ihrem Körper entströmt ein angenehmer Geruch. Sie riechen gut, dass habe
ich schon bei ihrem ersten Besuch in der Bar festgestellt."
Noriko roch an Dans Gesicht. Sie ließ ihren Kopf dicht an Dans Oberkörper
entlangwandern.
Schließlich ging sie in die Hocke und schaute auf Dans Schritt. Sie hielt
ihren Kopf vor Dans Geschlechtsteil und roch daran. Dan schaute ihr dabei
zu.
Es ist gut, dass sie ihre Schamhaare hier oben nur kurz geschnitten haben,
so fängt sich der Geruch ihrer Haut in den Haaren und wird intensiver.
Rasieren sie ihren Hodensack, weil es Frauen so gefällt?"
„Ja, deswegen auch. Ich finde es schöner," meinte Dan.
„Die Geschmäcker sind halt verschieden. Ich finde es auch sehr schön bei
einem Mann, erläuterte Noriko und schaute zu Dan hoch.
„Ich hoffe es riecht angenehm, ich betreibe intensive Körperpflege,
besonders an den problematischen Stellen," meinte Dan lächelnd.
Noriko lächelte.
„Parfüm ist wie eine Maske. Nach einer gewissen Zeit tritt der persönliche
Duft eines Menschen wieder hervor und überlagert jeden künstlichen Geruch.
Das spüre ich jetzt gerade, ihr Körpergeruch ist sehr angenehm und
beruhigend für mich. Ein unangenehmer Geruch ist wie das wütende Geschrei
zweier Menschen, die sich nicht mögen."
Noriko schaute auf Dans Shorts.
„Ich möchte sie gerne berühren," meinte Noriko plötzlich und schaute Dan
fragend an.
„Sie dürfen sich in meiner Nähe frei fühlen, daher müssen sie nicht
fragen," meinte Dan nur und wusste, er hatte ihre Absichten erkannt, die
Noriko in dieser ungezwungenen Atmosphäre mit ihm verband.
Noriko legte ihre Handflächen vorsichtig an Dans Oberschenkel und glitt
langsam über die Haut. Sie fühlte über die Haare und ließ ihre Handfläche
darüber gleiten. Dans Penis pumpte sich langsam auf. Dann legte sie die
Fingerspitzen ihrer rechten Hand auf den dünnen Stoff der Shorts und
tastete über Dans Geschlecht, wie ein Blinder über eine Skulptur. Dan
fühlte die zarten Bewegungen ihrer Finger durch den dünnen Stoff hindurch.
Er fühlte keine Scham, er ließ es geschehen und war davon fasziniert, wie
Noriko gebannt darauf schaute, als sähe sie so etwas zum ersten Mal. Die
Konturen seines Penis' traten nun zunehmend unter dem seidigen Stoff
hervor.
Norikos Finger wanderten darüber. Dan fühlte die Enge unter dem Stoff, wie
sich sein Glied mühte, unter der künstlichen Haut Platz zu finden.
Schließlich verschaffte sich sein Penis in einer ruckartigen Bewegung den
nötigen Raum und zeigte nun quer in Richtung seines rechten Oberschenkels,
an den sich die rosige Eichel schmiegte.
Noriko starrte neugierig auf diese Szene und beobachtete genau jede Regung
vor ihren Augen. Sie stützte sich mit einer Hand an Dans Oberschenkel ab
und fuhr zärtlich mit der Kuppe des Zeigefingers der anderen Hand über
Dans Glied und Hodensack.
„Es muss ein sehr erregende Gefühl sein, wenn sich ihr Glied vergrößert,
ist es nicht so," meinte Noriko und schaute zu Dan hoch.
„Ja, erklärte Dan, es ist sehr erregend, ich fühle es in meinem ganzen
Unterleib."
„Ich bin neugierig wie es aussieht, wenn er richtig steif ist," sprach
Noriko mit sich selbst.
Noriko stand auf und schaute auf ihre Brüste. Dans Blick fiel auf Norikos
Nippel, die deutlich hervorgetreten und vom lichten Stoff umspannt waren.
Noriko nahm Dans Hand und legte sie auf eine ihrer Brüste. Dan befühlte
den seidigen Stoff. Ihre Brüste waren klein und fest. Sie erinnerten ihn
plötzlich an die Kuppel des Pantheon in Rom, in dem er einmal gestanden
hatte. Es kam im absurd vor, dass er gerade in diesem Moment daran denken
musste. An die Kuppel mit einer Öffnung an ihrem höchsten Punkt. Er
erinnerte sich an den blaugrauen Himmel, den er durch diese Öffnung
gesehen hatte. Er fühlte den harten Nippel und betrachtete den dunklen
Vorhof um ihn herum, der einem bemalter Schlussstein gleichkam, hoch oben
in der Mitte eines Gewölbes thronend.
Aber dieses Bild und das in ihm aufwallende Gefühl war aus Fleisch und
Blut, fühlbar warm und weich, mit Leben erfüllt.
Mit einem mal wurde ihm klar wie erregt Noriko war. Er schaute sie an.
Ihre Blicke trafen sich. In diesem Augenblick erschien es ihm, als hätten
sie vieles gemeinsam, obwohl sie beide einander fremd waren.
Noriko legte ihre Hände auf Dans Schulten und drückte sie nach unten. Dan
ging in die Hocke. Noriko blieb unbewegt stehen. Dan schaute auf ihre
Scham. Der dünne, lichte Stoff hatte sich wie ein dunstiger Nebel um ihre
Vulva gelegt. Die schwarzen Schamhaare lagen wie gemalt. Hier und dort
stachen ihre feinen Haare wie Pinselspitzen durch das Gewebe. Die Konturen
ihrer Vulva formten sich zu einem Relief. Ein hauch, warmen, süßlich
herben Geruchs entströmte ihr. Es war wie eine Mischung von blühendem Raps
und dem erdigen Geruch feuchten Heus. Scheidenflüssigkeit war in Form
eines kleinen, schimmernden Flecks in das feine Gewebe ihres Slips hinab
gesickert. Dan legte einen Zeigefinger zwischen ihre Schenkel unter den
Ansatz ihrer Scheide und führte ihn langsam über den Stoff hinauf bis zu
der Stelle, an der sich ihre Klitoris unter den Haaren befinden musste,
als wollte er einen Tropfen Honig auffangen, der an einem Glas harabläuft.
Dan schaute hoch in Norikos Gesicht. Sie nahm seine Hand und zog ihn zu
sich hoch.
„Ich gehe mich rasieren, trinken sie etwas und schauen sie sich um," sagte
Noriko leise und ging hinüber ins Badezimmer.
Dan nahm ein paar Bücher aus dem Regal. Einige waren in seiner
Landessprache verfasst. Sie handelten von westlicher Kunst, Kultur,
Theater, Architektur, Psychologie, Ökonomie und Sprachen. Sie zeugten von
Norikos breitem Interesse.
„Ich arbeite nur für eine Woche im Monat in der Hotelbar, hörte er Noriko
aus dem Bad erzählen. Den Rest meiner Zeit verbringe ich auf der Uni. Wenn
es ihnen nichts ausmacht, würde ich gerne mit ihnen verschiedene
Einstellungen ausprobieren, ich meine, Phantasien," hörte er Noriko aus
dem Bad.
Dan drehte sich in Richtung ihrer Stimme um.
„Was meinen sie damit, fragte Dan.
„Wir können füreinander mehr sein, als die Wirklichkeit, von der wir
glauben, dass sie so ist, wie wir sie vor uns sehen."
„Die Wirklichkeit von Dan und Noriko?" fragte Dan.
Aussergewöhnliche Begegnung
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