„Ich liebe hungrige Frauen." Deutlich spürte sie das
zweideutige Grinsen in seinem Gesicht.
„Vorausgesetzt, sie sind satt zu bekommen. Aber ich koche ganz gut."
„Es kommt darauf an, was ihnen serviert wird." Antworte Johanna, während
sie unbeholfen durch den Sand stolperte und insgeheim ihre falsche
Schuhwahl verfluchte.
„Fastfood macht ganz schnell satt. Und genauso schnell wieder hungrig."
„Mach dir keine Sorgen!" lachte er leise. „Das hier sieht doch bisher
nicht nach Fastfood aus, oder?"
Eine Hand hatte er in ihren Nacken gelegt und schob sie so vor sich her.
Sie hatte wirklich Mühe, mit ihren hochhackigen Sandalen durch den Sand zu
laufen und fürchtete jeden Moment lang hinzuschlagen.
„Warte!" sagte sie. „Meine Schuhe"
„Was ist damit?"
„Ich kann hier nicht laufen auf diesen Absätzen." Ausziehen kann sie sie
auch nicht, wie denn mit diesen Händen, die noch immer in den Handschellen
steckten. Verdammt!
Da spürte sie seine Hände an ihren Füßen. Barfuss im Sand zu stehen war
eine Erlösung.
„Danke"
„Schon gut" sagte er. „Du fällst noch früh genug."
Während sie weiterliefen, dachte sie lächelnd an das Bild, das sie beide
abgeben müssen. Sie im Abendkleid, mit verbundenen Augen, gefesselten
Händen und er läuft ihre Schuhe tragend hinter ihr her.
Ihre Zehen bohrten sich in den lockeren Sand. Nach wenigen Metern änderte
sich die Beschaffenheit des Bodens. Er wurde härter. Da sie nichts sehen
konnte, waren solche Details plötzlich von Bedeutung. Sie versuchte in die
Nacht zu lauschen und hörte nicht mehr als das Rauschen des Meeres, weiter
entfernt durch den Wind getragene, abgerissene Salsaklänge. Am
deutlichsten hörte sie ihren eigenen Atem.
Sie schmeckte die salzige Nachtluft, den Staub der Glut des Tages und ihre
eigene Angst und Erregung. Viel zuviel Speichel plötzlich in ihrem Mund.
Was mache ich hier?
Seine Hand in ihrem Nacken hielt sie locker aber unmissverständlich auf
Kurs. Sie kannte den Weg nicht. Sie ließ sich führen.
„Bleib stehen!" sagte er und ließ sie los. Hilflos stand sie da, die Hände
fest ineinander gekrallt. Sie hörte ihn eine Tür öffnen, sanft schob er
sie über die Schwelle.
Wo bin ich hier? Nein, das fragte sie nicht. Sie schwieg.
„Willkommen in meinem Reich! Komm setz dich!"
Wie soll sie sich setzen, wenn sie nichts sieht?
Sie hörte sein Lachen und in ihr begann sich ein Widerstand zu regen.
„So ein hilfloses kleines Mädchen! Ich muss schon sagen, Du gefällst mir
noch besser als erwartet. Ein Christkind ganz für mich allein. Oh, ich
glaube, wir werden sehr fröhliche Weihnachten miteinander verbringen. Was
denkst du?"
„Gar nichts!" fauchte Johanna. Ihre Hilflosigkeit erreichte gerade einen
erneuten Höhepunkt.
„Mach mich endlich los! Ich möchte sehen, wo ich bin."
„Warum denn so ungeduldig, meine Kleine? Das müssen wir aber noch üben.
Mach mich endlich los! Also, ich glaube das geht auch anders, oder?"
„Bist du immer so ein zynisches Arschloch?" Erschrocken hielt sie für
einen Moment die Luft an.
Sie fühlte seinen Atem in ihrem Nacken, seine Hände die sie fest umarmten,
während er im gleichen Augenblick heftig in ihren Nacken biss, um gleich
darauf mit der Zunge ihre Schultern zu lecken.
„Schlimmer." Murmelte er. „Ich bin ein ganz perverser Sadist."
„... und der unverschämteste Kerl, den ich je kennen gelernt habe."
Stöhnte sie unter seinen Bissen.
Das leise Lachen entspannte sie. Auch als er sie plötzlich vorbeugte, so
dass ihre Unterarme auf einer Tischplatte zum Liegen kamen, schrie sie
nicht vor Empörung, als er ohne Vorwarnung ihr Kleid nach oben schob, so
dass unweigerlich ihr nackter Po zum Vorschein kam. Sie zitterte, als
seine Hände zärtlich darüber strichen. Zum ersten mal wirklich froh, die
Augen verbunden zu haben und wehrlos zu sein. Das ersparte ihr alle
Pseudoversuche, sich zur Wehr setzen zu müssen.
„Sehr schön." Seine Stimme klang rau jetzt und ließ seine Erregung
erahnen. „Wirklich sehr schön. Komm setz dich, meine Kleine. Lass uns
essen. Ich sterbe wirklich vor Hunger."
Er schob ihr einen Stuhl in die Kniekehlen. Mit noch immer hochgeschobenen
Kleid setzte sie sich. Er drehte den Stuhl so, dass sie seitlich zum Tisch
saß. Ein Griff an ihre Knie machte ihr klar, dass sie die Schenkel zu
spreizen hatte.
Jetzt erst nahm sie den Duft im Raum war. Es roch nach Knoblauch und
Kurkuma. Sie war ja wirklich auch hungrig und fragte sich nur, wie sie so
essen solle. Da löste er schon ihre Handschellen.
„Danke." Sie rieb sich ihre Handgelenke und erwartete nun eigentlich auch,
dass er die Augenbinde lösen würde. Aber das war wohl nicht sein Plan.
Stattdessen sagte er ihr, dass er sie trotzdem gern fesseln würde. Weil es
ihm einfach gut gefällt. Sie wäre die perfekte Frau für Arm- und
Fußmanschetten.
„Darf ich?" fragte er. Das verwirrte sie vollkommen. Wieso soll ich das
entscheiden? In den zwei Minuten bis Johanna nickte, liefen ganze Filme in
ihrem Kopf ab. Sie schwamm in einem Meer geheimer Phantasien. Eine
Mischung aus Entsetzen und Freude erfasste sie. Ganz abgesehen von der
überwältigenden Erregung, die bereits an der Innenseite ihrer Schenkel
klebte.
Sollte ich mich nicht fragen, wer er ist und was er vor hat mit mir?
Müsste ich nicht eigentlich gerade jetzt eher vor Angst als vor Geilheit
zittern? Oh, verdammt es fühlt sich so gut an, was er da gerade mit meinen
Brustwarzen anstellt, dieses leichte Kneifen. Ja, bitte fessle mich!
Ich will nicht mehr denken. Nur noch fühlen. Bitte!
Mehr als ein Nicken bekam Johanna dann doch nicht hin. Aber sie nickte
schön, mit gesenktem Kopf und beschleunigtem Atem.
Weich waren die Arm- und Fußmanschetten, die er ihr jetzt anlegte, sorgsam
darauf bedacht, dass nichts einschnürt. Die Beine harkte er hinter den
vorderen Stuhlbeinen zusammen und die Arme wurden hinter der Lehne
fixiert.
So ließ er sie sitzen. Sie hörte ihn nur noch mit Töpfen und Geschirr
hantieren. Irgendwann hörte sie ihn sich neben sie setzen.
„Gott, bin ich hungrig. Magst du gegrillte Langusten?"
„Keine Ahnung." Sagte sie. „Hab ich noch nie gegessen."
„Na dann, greif zu! Oh, du Arme, du kannst ja gar nicht essen. Du hast ja
die Arme verbunden! Und von so einem zynischen Arschloch wie mir wirst du
dir sicher nicht helfen lassen, oder?"
Sie hasste ihn. Und dieser Hass stand in ihren Augen, als er plötzlich die
Augenbinde von ihrem Kopf zog. Zornig blitzte sie ihn an, noch keinen
Blick für ihre Umgebung.
„Ja." Grinste er. „Ich liebe es, wenn du wütend bist. Wenn du mich am
liebsten so arg beschimpfen würdest, wie jetzt gerade. Schließlich muss
ich ja nachher einen Grund haben, dich übers Knie zu legen."
„Du bist ja verrückt." Spie sie ihm entgegen. „Nenn mir einen guten Grund,
warum ich das zulassen sollte!"
„Weil du das willst und weil ich das will, ganz einfach. Ich brauche auch
keinen Grund dafür. Du wirst mich bitten darum, meine Kleine. Und jetzt
wirst du erst einmal essen. Komm schon, mach den Mund auf!"
Bissen für Bissen schob er ihr in den Mund. Er fütterte sie wie ein Kind.
Zwischendurch hielt er immer wieder das Weinglas an ihre Lippen. Sie hatte
keinen Blick für ihre Umgebung, nicht für den einfachen Holztisch, an dem
sie saßen. Sie registrierte weder den Raum, nicht mal das große schöne
Metallbett, das von Moskitonetzen verhangen mitten in diesem stand. Sie
war offensichtlich in einer Fischerhütte am Strand, denn an den Wänden
hingen Netze. Für all das hatte sie kaum einen Blick. Sie sah in seine
Augen, brennende Augen. Sein Finger verbrannte sie fast, als er einen
Tropfen Wein aufzufangen versuchte. Er fand seinen Weg zwischen ihre
Lippen und hingebungsvoll begann sie zu saugen daran.
Irgendwann ließ er den Wein von seinem Mund direkt in ihren fließen. Sie
schluckte, während seine Finger zum ersten Mal ihre anderen Lippen
teilten. Zunge und Finger stießen gleichzeitig in sie und sie stöhnte
erstickt.
Sie konnte sich nicht bewegen und versuchte, die Schenkel noch weiter zu
spreizen. Die Lust fiel sie an wie ein Tier und das Verlangen steigerte
sich unter seiner Hand zu einem unerträglich roten Feuerball.
So plötzlich wie er angefangen hatte, ließ er auch wieder von ihr ab. Als
wäre nichts gewesen, aß er einfach weiter, schnüffelte an seinen Fingern
herum. Sie glaubte zu sterben.
„ Du läufst ja förmlich aus vor Vorfreude. Und du riechst gut. Deine Möse
riecht nach Trüffeln, so wie eine Möse riechen muss."
„Aha" sagte sie und kam sich reichlich dämlich vor. Eine geistreiche
Antwort darauf wollte ihr beim besten Willen nicht einfallen. Sie saß hier
mit einem eigentlich Fremden und der verglich den Geruch ihrer Möse mit
dem von Trüffeln. Nicht, dass sie sich mit Trüffeln auskennen würde, aber
allein dass er bemerkte, sie würde überhaupt irgendwie riechen, war
befremdlich.
„Wenn du wüsstest, was Frauen alles anstellen, um eben da nicht zu
riechen."
„Die haben auch keine Ahnung. Träumen von Reihenhäusern und
Bausparverträgen. Dass das nicht deine Träume sind, war unschwer zu
erkennen."
„ Wieso hast du meine Träume erkannt?" fragte Johanna unsicher. Sah man
ihr etwa an, dass sie heimlich von Unterwerfung träumte, obwohl sie
äußerlich doch so dominant und stark wirkte?
„Das war so schwer nicht. Ich habe das Buch gesehen, das du am Strand
gelesen hast, deine Randbemerkungen. Das macht man nicht, wenn etwas
bedeutungslos ist. Und dann musste ich nur noch kombinieren. Deine
Reaktion, als ich dich vom Barhocker zog. Menschen wie du und ich erkennen
uns. Du bist eine Sub."
Das Buch: „Lust an der Unterwerfung." Das hatte sie also verraten.
„Was heißt das?" fragte sie leise. „Eine Sub?"
„Man kann auch Sklavin dazu sagen. Aber ich bin an echten Sklavinnen nicht
interessiert. Ich bevorzuge die Frau, die mir die Stirn bietet, meinen
Geist füttert, mich herausfordert und im Bett sich hingebend und devot
ist. Die so liebt, wie nur eine Sub lieben kann."
Fast hätte Johanna schon wieder „Aha." gesagt, aber das war ihr nun
wirklich zu blöd. Seine Worte berührten sie. Sie fühlte, dass ihre eigenen
Sehnsüchte durch sie berührt wurden.
Sie musste ihn jetzt fragen.
„Wer bist du?"
„Ich bin dein Captain. Ich bin das, was man einen Dom nennt. Und ich werde
dich heute Nacht an die Hand nehmen und dein Captain sein. Ich werde dich
schlagen und dich lieben. Ich werde dich zum fallen bringen und dich
auffangen. Willst du das? Vertraust du mir?"
Sie sah ihn an. Seine Augen hielten ihrem Blick stand. Ihr Geist
versuchte, den Inhalt seiner Worte zu verarbeiten. Aber das Herz und ihr
Verlangen hatten längst verstanden.
Sie fühlte, würde sie „Nein" sagen, er würde sie sofort gehen lassen.
„Ja, mein Captain. Ich will das." Hörte sie sich sagen und sah ihn noch
immer an.
Er streichelte jetzt ihr Gesicht. Sie sah einen kurzen Augenblick eine
weiche Freude in seinem Gesicht leuchten. Sie küsste die Hand, die sie
streichelte und fühlte ein weiches, perverses Glück. So also fühlt es sich
an, wenn eine Sub zu lieben beginnt.
Weihnachtsferien 1
2 3
|
|